Samstag, 20. April 2024
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Erste ÖVP-Politikerin für Blutspende ohne Diskriminierung

SPÖ-Lindner vermutet "billigen Trick, um Koalitionspartner anzugreifen"

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Seit Jahren scheitern die Grünen Gesundheitsminister daran, die Diskriminierung von schwulen und bisexuellen Männern bei der Blutspende zu beenden. Nun hat sich zum ersten Mal eine wichtige ÖVP-Politikerin dafür ausgesprochen, die Einschränkungen aufzuheben.

Bis jetzt scheitert die diskriminierungsfreie Blutspende am Roten Kreuz

Denn derzeit müssen unter anderem Männer, die Sex mit Männern haben bis zu zwölf Monate nach ihrem letzten Geschlechtsverkehr auf die Blutspende verzichten – zumindest beim Roten Kreuz, das in diesem Bereich in Österreich praktisch das Monopol hat. Das gilt auch für Frauen, die Sex mit einem Mann haben, der seinerseits Sex mit anderen Männern hat. Trans Personen sind von der Blutspende vollständig ausgeschlossen.

Nun meldet sich auch die neue Jugend-Staatssekretärin Claudia Plakolm von der ÖVP zu diesem Thema zu Wort. „Jede Blutspende wird ohnehin genauestens untersucht. Da verstehe ich die Diskriminierung von Jungen und Homosexuellen ganz und gar nicht“, sagt sie der Tageszeitung Heute

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Plakolm will die Einschränkungen erst vor wenigen Tagen bemerkt haben

„Mit dem Blutspenden ist es aus meiner Sicht wie mit dem Radfahren: Wenn man als Junger nicht anfängt, wird man es als Erwachsener wesentlich unwahrscheinlicher tun. Dass man hier zusätzliche Hürden einzieht, halte ich für kontraproduktiv“, ist sie überzeugt.

Bemerkt haben will Plakom die Einschränkungen bei der Blutspende, als sie mit ihrem Team Blut spenden wollte, weil derzeit dringend Blutkonserven für die Ukraine benötigt werden. Allerdings durften drei von acht Mitarbeiter:innen der Jugendstaatssekretärin nicht spenden – weil sie schwul sind oder in den letzten zwölf Monaten mehr als drei Sexualpartner hatten.

Grüne begrüßen den Vorstoß des Koalitionspartners

Für die Grünen begrüßt die LGBTIQ- und Menschenrechtssprecherin Ewa Ernst-Dziedzic Plakoms Vorstoß. „Das Ziel sei klar: Der Zugang zur Blutspende muss auf das individuelle Risiko abzielen und nicht auf den pauschalen Ausschluss ganzer Gruppen durch eine unrealistische und diskriminierende Rückstellfrist.“

„Es freut uns, dass sich diese Sichtweise offenbar auch in der ÖVP durchzusetzen beginnt. Das sollte es auch beim Roten Kreuz“, so Ernst-Dziedzic. Die Grüne LGBTIQ-Sprecherin betont auch, es sei an der Zeit, die Rückstellfrist ganz abzuschaffen. „Daran werden wir weiter unermüdlich arbeiten. Ich freue mich über jede Unterstützung dabei“, so die Abgeordnete.

Kritik und Misstrauen von der Opposition

Die Opposition fühlt sich nun in ihrer Kritik an den Einschränkungen für die Blutspende bestärkt. „Teile der ÖVP sind mittlerweile weiter als die grünen Gesundheitsminister“, twittert beispielsweise Yannick Shetty, LGBTI-Sprecher der Neos – und erinnert daran, der ehemalige Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein „hatte es selbst in der Hand gehabt und immer wieder vertagt“.

Ähnlich äußert sich auch SPÖ-Gleichbehandlungssprecher Mario Lindner – und er fordert die Regierung zum Handeln auf: „Klar ist: Die Tatsache, dass wir bis heute kein Diskriminierungsverbot bei der Blutspende haben, hat zwei Namen: ÖVP und Grüne – und es ist höchste Zeit, dass sich das endlich ändert!“ Entsprechende Anträge der SPÖ könnten nach dem „progressiven Erwachen“ Plakolms beschlossen werden, so Lindner.

Im Gesundheitsministerium macht eine Kommission Empfehlungen, die nicht umgesetzt werden

Mit der Jugendstaatssekretärin geht Lindner, der auch Bundeschef der SPÖ-LGBTI-Organisation SoHo ist, hart ins Gericht: „Wenn es für die Jugendstaatssekretärin News-Wert hat, dass Österreich als eines der letzten westlichen Länder beim Blutspenden diskriminiert, dann kann das nur zwei Gründe haben: Entweder sie war in ihrer Zeit als Abgeordnete zu sehr mit ihrer eigenen Karriereplanung beschäftigt oder ihre aktuelle Empörung ist ein weiterer billiger Trick, um ihre grünen Koalitionspartner anzugreifen.“

Im Dezember 2020 hatte im Gesundheitsausschuss des Nationalrats ein Hearing zum Blutspendeverbot stattgefunden, bei dem sich medizinische Expertinnen und Experten für ein rasches Ende der diskriminierenden Praxis aussprachen. Im Gesundheitsministerium wurde darauf eine eigene Kommission eingerichtet, die sich für eine Verkürzung der Rückstellungsfrist von zwölf auf vier Monate aussprach – diese ist noch immer nicht umgesetzt.

Update von 16.15: Stellungnahme der Grünen und Informationen zum Hearing eingefügt

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