Freitag, 19. April 2024
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VP und Grüne einig: „Blutspendeverbot“ soll bis Herbst fallen

Neue Regeln für die Blutspende - aber kein Diskriminierungsverbot?

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Die Einschränkungen für schwule und bisexuelle Männer sowie trans Personen bei der Blutspende sollen fallen: ÖVP und Grüne haben sich auf eine neue, mutmaßlich diskriminierungsfreie Blutspendeverordnung geeinigt. Künftig soll das persönliche Risikoverhalten entscheidend sein, ob eine Person zur Blutspende geeignet ist. Ein explizites Diskriminierungsverbot dürfte es in der Verordnung aber nicht geben.

Männer, die Sex mit Männern haben, mussten bis jetzt enthaltsam leben

Derzeit sind Männer, die Sex mit Männern haben, bis zu zwölf Monate nach ihrem letzten gleichgeschlechtlichen Sex von der Blutspende ausgeschlossen. Trans Personen dürfen nach den Richtlinien des Roten Kreuzes überhaupt nicht spenden. 

Dass die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe und nicht das individuelle Verhalten über die Eignung zur Blutspende entscheidet, sorgt seit Jahren für Empörung. Denn die derzeitigen Regeln gelten für ein monogam lebendes schwules Paar genauso wie für jemanden, der seine Sexualpartner sehr häufig wechselt.

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Deshalb hat es aus der Community immer wieder Kritik am Gesundheitsministerium gegeben, unterstützt von der SPÖ und Neos. Bei einem parlamentarischen Hearing im Dezember 2020 sprachen sich fast alle medizinische Expert:innen für ein rasches Ende der diskriminierenden Praxis aussprachen.

Künftig gilt für alle Blutspender:innen eine „3×3“-Regel

Das soll sich nun ändern: Künftig soll für alle Blutspender eine „3×3“-Regel gelten: Wer innerhalb der letzten drei Monate mit drei verschiedenen Menschen Sex hatte, wird drei Monate von der Blutspende ausgeschlossen, wenn ein Test auf Hepatitis B, C und HIV negativ ausfällt – unabhängig von der sexuellen Orientierung oder der Geschlechtszugehörigkeit. 

Gesundheitsminister Johannes Rauch von den Grünen zufolge soll die Änderung ab dem Herbst gelten und nach zwei Jahren evaluiert werden. „Blutkonserven sind sicher und bleiben sicher“, betont er. Zusätzlich wird die Blutkommission „zeitnah“ zur neuen Verordnung eine aktuelle Empfehlung für die Blutspende-Fragebögen aussprechen. Wann diese von den Organisationen wie dem Roten Kreuz auch berücksichtigt wird, ist allerdings unklar.

Kein Diskriminierungsverbot: Eine Hintertür für bestimmte Anbieter?

Das beunruhigt SPÖ-Gleichbehandlungssprecher Mario Lindner: „Der entscheidende Punkt ist, ob in der Verordnung ein Diskriminierungsverbot für Männer, die Sex mit Männern haben, beziehungsweise ein Diskriminierungsverbot für transsexuelle Menschen steht.“ Denn sonst könnte das Rote Kreuz, das sich zuletzt gegen die diskriminierungsfreie Blutspende ausgesprochen hatte, diese Personengruppen weiterhin ausschließen.

Auch Ann-Sophie Otte, Obfrau der HOSI Wien, und Andrea Brunner, Geschäftsführerin der Aids Hilfe Wien, fordern ein explizites Diskriminierungsverbot in der Blutspendeverordnung. Nur so sei sichergestellt, dass die interne – durch keinen medizinischen Beleg begründete – Praxis des Roten Kreuzes transidente Menschen auszuschließen, künftig unterbunden sei, so Brunner und Otte.

Doch ein explizites Verbot, bestimmte Gruppen bei der Blutspende zu diskriminieren, scheint in der neuen Blutspendeverordnung wirklich zu fehlen. Jugendstaatssekretärin Claudia Plakolm von der ÖVP relativiert das im Ö1-Mittagsjournal: „Ich sehe das insgesamt sehr pragmatisch. Wenn es sogar Polen und Ungarn auch zusammenbringen, dann werden wir das in Österreich auch schaffen.“

Rauch: Neue Verordnung ein „historischer Schritt“

Für Rauch ist diese Änderung der Blutspendeverordnung trotzdem ein historischer Schritt: „Wir beseitigen damit eine vollkommen aus der Zeit gefallene Ungleichbehandlung“, sagt er dem ORF-Radio. Und auch Plakolm freut sich: „Diese pauschale Diskriminierung ganzer Bevölkerungsgruppen hat endlich ein Ende.“ Dass das persönliche Risikoverhalten abgefragt werden soll, ist für sie „extrem wichtig und richtig – und wissenschaftlich begründbar.“

Dass die Bundesregierung ein Ende der Beschränkungen bei der Blutspende als eigenen Erfolg verkaufe, ist für Yannick Shetty, LGBTIQ-Sprecher der Neos, „einigermaßen absurd und eine Verhöhnung der Betroffenen“: Es seien Tausende engagierte Bürgerinnen und Bürger gewesen, die nicht lockergelassen haben. Die Opposition habe die Regierung fortlaufend daran erinnert hat, dass das Blutspendeverbot absolut inakzeptabel sei, betont Shetty.

Bis zuletzt war eine Neuordnung der Blutspendeverordnung am Roten Kreuz gescheitert, dem mit Abstand größten Blutspendedienst Österreichs. Dort wollte sich bis jetzt noch niemand zur neuen Verordnung äußern. 

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