Wie das Forschungsteam des Universitätsklinikum Düsseldorf im Fachjournal Nature Medicine berichtet, wurde bei dem heute 53-Jährigen im Jahr 2011, drei Jahre nach seiner HIV-Diagnose, eine Form von Blutkrebs, akute Myeloische Leukämie, festgestellt.
Mit der Leukämie wurde auch die HIV-Infektion behandelt
Die Leukämie wurde unter anderem mit einer Stammzellentransplantation behandelt. „Ziel der Transplantation war von Beginn an, sowohl die Leukämie als auch das HI-Virus in den Griff zu bekommen“, erklärt Guido Kobbe von der Düsseldorfer Uni-Klinik, der den Eingriff auch durchgeführt hat.
Diese Methode der Stammzellentransplantation wurde bereits im Jahr 2008 beim „Berliner Patienten“ und 2019 beim „Londoner Patienten“ angewandt. Auch sie waren an HIV und Leukämie erkrankt. Ihre Stammzellenspender hatten eine natürliche Genmutation namens CCR5Δ32. Diese kommt vor allem bei Menschen aus Nord- und Mitteleuropa vor.
Eine Spenderin mit einer bestimmten Mutation wurde gesucht und gefunden
Sie macht den Träger durch das Fehlen einer Andockstelle für HIV fast resistent gegen den HI-Virus. Nach der Transplantation haben die Patienten das Immunsystem der Spender übernommen – inklusive der Genmutation. Die beiden Männer gelten als geheilt.
Deshalb wurde auch für den „Düsseldorfer Patienten“ eine Spenderin mit dieser Mutation gesucht und auch gefunden. Mit Erfolg: Nach der Stammzellentransplantation gingen auch die HIV-Symptome zurück. Im Jahr 2018 entschied sich das Behandlungsteam deshalb, die antivirale HIV-Therapie des Mannes abzusetzen.
Auch nach Jahren ohne Medikamente ist der Mann virusfrei
Der Mann wurde über Jahre engmaschig untersucht – diese Überwachung belegte den Erfolg der Behandlung. Deshalb spricht das internationale Forschungsteam der Universitätsklinik Düsseldorf jetzt von einer vollständigen Heilung des Mannes.
„Wir können nach unserer intensiven Forschung jetzt bekräftigen, dass es grundsätzlich möglich ist, durch Kombination von zwei wesentlichen Methoden die Vermehrung des HI-Virus nachhaltig zu unterbinden“, so Björn Jensen von der Uni-Klinik Düsseldorf, Teil des Ärzteteams und Autor der Studie.
Diese beiden Methoden seien einerseits die weitgehende Entleerung des Virusreservoirs in langlebigen Immunzellen und zum anderen die Übertragung der HIV-Resistenz des Spenderimmunsystems auf den Empfänger. „So hat das HI-Virus keine Chance, sich erneut zu vermehren“, erklärt Jensen.
Nicht für einen breiten Behandlungsansatz geeignet
Für einen breiten Behandlungsansatz, um HIV zu bekämpfen, ist diese Methode aber nicht geeignet. Einerseits ist die Zahl geeigneter Spender mit der Mutation zu gering. Und andererseits kann eine Stammzellentransplantation aufgrund der vielen Risiken nur bei einer lebensbedrohlichen Erkrankung wie etwa Krebs eingesetzt werden.
Allerdings hofft das Forschungsteam, dass sich die HIV-Therapie durch Erkenntnisse, die bei dieser Behandlung gewonnen werden konnten, verbessern könnte – etwa durch die Transplantation von Stammzellen, die durch den Einsatz von Genscheren bearbeitet wurden.
Dabei müssen Nutzen und Risiken abgewogen werden – haben HIV-positive Menschen mit einer gut eingestellten Therapie doch inzwischen ohnehin eine ähnlich hohe Lebenserwartung wie die Normalbevölkerung. Deshalb sei eine Stammzellentherapie für sonst gesunde HIV-Infizierte derzeit nicht vertretbar, betont der Molekularbiologe Toni Cathomen von der Universitätsklinik Freiburg.