Freitag, 19. April 2024
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Nach Diskriminierung bei Zahnärztin: Schadenersatz für HIV-positive Frau

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Die Frau hatte ihre HIV-Infektion auf einem standardisierten Fragebogen wahrheitsgemäß angegeben. Daraufhin verwehrte ihr die Zahnärztin die Behandlung. Schließlich wurde der Patientin ein Termin am Ende des Tages in Behandlung gestellt – mit Verweis auf angeblich notwendige spezielle Hygienemaßnahmen.

„Die ganze Situation war demütigend und stigmatisierend“

„Die ganze Situation war demütigend und stigmatisierend. Als Patientin erwarte ich mir einen respektvollen Umgang und eine Behandlung so wie alle anderen auch“, ärgert sich die Frau: „Ich habe mich an die Aids Hilfe Wien und den Klagsverband gewandt, weil ich die Diskriminierung nicht akzeptieren wollte.“

Ein Schlichtungsversuch vor dem Sozialministeriumsservice scheiterte. Daraufhin klagte die Frau wegen einer Diskriminierung nach dem Behindertengleichstellungsgesetz (BGStG). Wie der Klagsverband erläutert, fällt eine HIV-Infektion als chronische Erkrankung rechtlich unter das Diskriminierungsmerkmal Behinderung.

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In erster Instanz hat die Frau recht bekommen

Am 8. Februar hat das Bezirksgericht Döbling nun geurteilt, dass es sich tatsächlich um eine Verletzung des Behindertengleichstellungsgesetzes (BGStG) handelt. Der Frau wurden erstinstanzlich 1.500 Euro Schadenersatz zugesprochen, berichtet der Klagsverband. Denn HIV-positive Patient:innen brauchen keine andere Behandlung als andere Patient:innen, wie auch die Zahnärztekammer betont.

„Ich freue mich sehr über das positive Urteil, mit dem das Gericht unserer Klägerin vollen Schadenersatz zuspricht“, so Theresa Hammer, die Leiterin der Rechtsdurchsetzung des Klagsverbands. „Mir geht es nicht um den Schadenersatz. 1.500 Euro machen nicht wieder gut, was ich erlebt habe. Es geht mir darum, aufzuzeigen, dass man sich gegen Diskriminierung wehren kann“, fügt die Betroffene hinzu.

Zwei Drittel der Diskriminierungen HIV-Positiver betreffen den Gesundheitsbereich

Denn HIV-positive Menschen werden immer wieder bei Gesundheitsdienstleistungen diskriminiert: 65,7 Prozent der Meldungen über Ungleichbehandlung, die an die Aids Hilfe Wien herangetragen werden, betreffen das Gesundheitswesen.

„In unseren Beratungen hören wir immer wieder, dass HIV-positiven Menschen unter Verweis auf vermeintliche Hygienestandards eine zahnärztliche Behandlung verwehrt wird“, so Barbara Murero-Holzbauer, juristische Mitarbeiterin der Aids Hilfe Wien und Vorstandsmitglied beim Klagsverband.

Die Botschaft ist klar: Gegen Diskriminierungen kann man sich wehren

Doch nicht nur dort werden Menschen mit HIV noch immer anders behandelt. „Ich habe viel Diskriminierung erlebt, nämlich auch von österreichischen Institutionen. Es muss sich insgesamt in der Gesellschaft etwas verändern“, meint die Betroffene. „Dagegen kann man sich wehren, notfalls auch vor Gericht“, betont Hammer. 

Hinter diesen Diskriminierungen stecken oft falsche oder veraltete Informationen: „So sind HIV-positive Menschen, deren Viruslast aufgrund moderner Medikamente nicht nachweisbar ist, gar nicht ansteckend“, erklärt Murero-Holzbauer.

Die beklagte Zahnärztin berief gegen das Urteil. Es ist deshalb nicht rechtskräftig. Das Verfahren geht somit in die zweite Instanz vor das Wiener Landesgericht

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