Mittwoch, 24. April 2024
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Trans Mann nach Geburt als „Mutter“ eingetragen: Für EGMR keine Diskriminierung

Ein trans Mann, der ein Kind zur Welt gebracht hat, kann als Mutter in die Geburtsurkunde eingetragen werden - mit seinem Deadname. Das hat der Europäische Menschenrechts-Gerichtshof in Straßburg nun festgestellt.

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Es sei keine schwerwiegende Diskriminierung, wenn der trans Mann gegen seinen Willen als Mutter in die Geburtsurkunde eingetragen wird, so der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR). Es hat deshalb die Klage eines trans Mannes aus Berlin zurückgewiesen.

Der Mann wurde gegen seinen Willen als Mutter seines Kindes eingetragen

Der Mann hatte im Jahr 2011 sein Geschlecht amtlich anpassen lassen, dann aber eigenen Angaben zufolge die Hormonbehandlung abgesetzt. Im Jahr 2013 gebar er ein Kind. Nach der Geburt beantragte er, ihn als Vater einzutragen und das Feld für die Mutter leer zu lassen, da das Kind durch eine Samenspende gezeugt wurde.

Das Amtsgericht Schöneberg trug ihn aber gegen seinen Willen als Mutter des Kindes in die Geburtsurkunde ein – mit seinem weiblichen Deadname. Der Mann beschwerte sich beim Bundesgerichtshof (BGH), allerdings ohne Erfolg: Die Beschwerde wurde abgelehnt, weil nach Auffassung des Gerichts jene Person die Mutter eines Kindes sei, die es geboren hat.

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Der Mann ist in allen Instanzen abgeblitzt

Der BGH machte klar, dass es im deutschen Grundgesetz keine Verpflichtung gebe, ein geschlechtsneutrales Abstammungsrecht zu schaffen, in dem Vater- und Mutterschaft reine soziale Rollen ohne rechtliche Auswirkung seien. Der Kläger versuchte daraufhin, vor dem Bundesverfassungsgericht zu klagen – das die Klage 2018 abgelehnt hatte.

Daraufhin zog der trans Mann vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte – und blitzte nun erneut ab. Auch die Straßburger Richter:innen kamen in dem am Dienstag veröffentlichten Urteil zu dem Schluss, dass kein Verstoß gegen Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention gegeben sei. Dieser garantiert das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens.

Auch die Eintragung des trans Mannes als Mutter schränke die Rechte des Mannes nicht ein: Er werde nicht öffentlich als trans geoutet, da nur ein kleiner Kreis Zugang zur Geburtsurkunde haben dürfe, dem die Trans-Identität des Elternteils schon bekannt sei. Außerdem sei es im Interesse des Kindes, sowohl einen Eintrag für „Mutter“ als auch für „Vater“ zu haben.

Den Betroffenen macht das Urteil „wütend und enttäuschend“

„Das heutige Urteil macht wütend und ist enttäuschend. Das Argument, dass eine falsche Eintragung dem Kindeswohl entspricht, ist falsch“, so der betroffene trans Mann in einer Pressemitteilung des Bundesverbandes Trans* (BVT): „Es ist nicht im Interesse des Kindes, wenn ich als ‚Mutter‘ in der Geburtsurkunde auftauche.“ Es zeige sich „ganz deutlich ein antiquiertes Familienbild“, so der Mann weiter: „Trans und nichtbinäre Personen haben ein Recht darauf, Eltern zu werden und Familien zu gründen.“

Auch Kalle Hümpfner vom BVT bezeichnete es als „sehr schmerzhaft“, dass die Entscheidung des EGMR die „Auswirkungen von Zwangsouting und Deadnaming“ auf das Leben von trans Eltern und ihrer Kinder nicht anerkenne.

Für den BVT* ist die derzeitige Praxis „strukturelle Transfeindlichkeit“, der Verband fordert deshalb politische Initiativen: „Es ist längst überfällig, das deutsche Abstammungsrecht so anzupassen, damit trans* Eltern in ihrer Geschlechtsidentität anerkannt werden.“ Auch das umstrittene Transsexuellengesetz müsse abgeschafft werden.

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