Donnerstag, 25. April 2024
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CSU will Drag-Lesung für Kinder verbieten – mit Verständnis der SPD

Wenn Drag Queens aus Kinderbüchern lesen, sind erzkonservative oder rechtsradikale Proteste oft nicht weit. In München bekommen sie Rückenwind durch die CSU - und auch die SPD.

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Am 13. Juni sollen die Drag Queen Vicky Voyage, der Drag King Eric BigClit und die trans Jungautorin Julana Gleisenberg Kindern in der öffentlichen Bücherei des Münchner Stadtteils Bogenhausen im Rahmen eine „Draglesung für Kinder“ vorlesen.

„Kleinkinder werden mit woker Frühsexualisierung indoktriniert“

Das ruft bereits jetzt die Münchner CSU auf den Plan. Wie Bild  berichtet, will die christlichsoziale Fraktion im Bezirksausschuss München-Bogenhausen einen Dringlichkeitsantrag einbringen: Oberbürgermeister Dieter Reiter von der SPD solle die Veranstaltung in der Stadtbibliothek verbieten, so die Forderung.

Schützenhilfe bekommt die Bezirkspartei von CSU-Generalsekretär Martin Huber. „Wenn Kleinkinder mit woker Frühsexualisierung indoktriniert werden, gefährdet das ihr Wohl“, zitiert ihn die Boulevardzeitung. Damit verwendet er einen Kampfbegriff, der vor allem in rechtspopulistischen Kreisen verbreitet ist.

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Kein Wunder, dass auch die Bayerische AfD-Landtagsfraktion schreibt, dass Kinder vor „Frühsexualisierung und solch linken Ideologien“ geschützt werden müssten. Auch sie fordert eine Absage der Veranstaltung.

SPD-Oberbürgermeister Reiter hat Verständnis für die Gegner der Lesung

Und auch in der SPD, die in München regiert, scheint die Unterstützung für die Drag-Lesung schnell enden wollend. „Ich habe für diese Art Programm kein Verständnis und glaube nicht, dass das für Vierjährige geeignet ist. Ich würde mit meinen Enkeln nicht hingehen“, sagte Oberbürgermeister Dieter Reiter gegenüber Bild.

Unterstützung für die Lesung kommt hingegen von den Grünen. „Die Äußerungen von CSU und AfD zur geplanten Lesung lassen tief blicken. Das Mantra ‚Leben und leben lassen‘ gilt für die CSU scheinbar nur, soweit es in ihr Raster aus Weißbier und Trachtenjanker passt“, äußert sich der Münchner Parteichef Joel Keilhauer deutlich: „Für uns Grüne ist klar: München ist bunt. Und dazu gehören auch Diversität und gelebte Vielfalt, was scheinbar in das verstaubte Gesellschaftsbild nicht passt.“

Stadtbibliothek und Drag Queen versuchen zu erklären

Die Münchner Stadtbibliothek will sich durch den Angriff auf ihre Veranstaltung nicht irritieren lassen. „Unser breit aufgestelltes Programm richtet sich an eine vielfältige Stadtgesellschaft. Daher haben wir auch Lesungen zum Thema Diversität im Programm“, erläuterte sie auf ihrer Homepage. Es würden altersgerechte Bilderbücher vorgelesen. Im Vordergrund stehen Themen wie Rollenwechsel und Verkleidung, die Kinder in diesem Alter sehr beschäftigen.

Dass die Berichterstattung in der Bild den Anschein erwecke, dass es sich um „ein Travestieprogramm für Erwachsene“ handeln, bedauert die Bilbliothek im Namen der Künstler:innen. Und die Drag Queen Vicky Voyage, die bei der Lesung auftreten soll, hat auf Twitter ein Video von einer britischen Drag-Queen-Lesung geteilt, um Vorurteile zu zerstreuen. „Uns geht es nicht um Sexualität, sondern um Identität und Diversität. Es geht darum, dass jedes Kind so sein soll, wie es sein möchte“, betont sie auch in der Zeitung.

Drag Queens als Zielscheibe der extremen Rechten

Derartige Veranstaltungen basieren auf dem US-amerikanischen Modell der „Drag Queen Story Hour“, die im Jahr 2015 zum ersten Mal in einer Bücherei in San Francisco stattgefunden hat. Drag Queens wollen damit drei- bis elfjährige Kinder dazu animieren, Bücher zu lesen und ihnen zeigen, wie vielfältig die Gesellschaft sein kann.

In den letzten Jahren sind diese Veranstaltungen aber ins Visier konservativer Populisten, christlich-konservativer Gruppen und Rechtsradikaler geraten. In Wien musste letztens eine Drag-Queen-Lesung in der Türkis Rosa Lila Villa durch ein großes Polizeiaufgebot geschützt werden. Im US-Bundesstaat Tennessee wurden Gesetze so geändert, dass diese Lesungen praktisch verboten wurden.

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