Die Botschaft des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) war klar: Die Algerierin Imane Khelif und die Taiwanesin Lin Yu-Ting sind Frauen. Sie wurden als Frauen geboren und haben über Jahre auch bei Frauenbewerben geboxt, sogar bei den Spielen von Tokio – ohne jeden Zweifel.
Ohne Beweise wurden Khelif und Lin diskreditiert
Diesen hatte kurz vor Olympia der Boxverband IBA, der selbst wegen Unregelmäßigkeiten von den Spielen ausgeschlossen wurde, gestreut. Khelif und Lin hätten angeblich einen „Sex-Test“ nicht bestanden und seien eigentlich Männer, behauptete IBA-Präsident Umar Nasarowitsch Kremlew, ein enger Vertrauter des russischen Präsidenten Wladimir Putin. Beweise dafür legte er nicht vor. Sein Verband gilt als korrupt und von Russland finanziert.
Die Folge: In Postings wurde von „biologischen Männern, die Frauen verprügeln“ gesprochen, Donald Trump versprach seinen Fans, „Männer aus dem Frauensport“ herauszuhalten, und die transfeindliche Schriftstellerin J.K. Rowling bezeichnete Khelif geradeheraus als „Mann“. Auch die ehemals feministische Zeitschrift Emma echauffierte sich über die „als Mann geborene algerische Transfrau“ – obwohl Khalif als cis Frau geboren wurde und immer als Frau gelebt hat.
Nun konnten die Frauen mit ihrer Leistung überzeugen
Nun überzeugten die beiden Sportlerinnen mit ihren Leistungen: Beide haben es ins Halbfinale des Olympischen Boxturniers geschafft. Damit ist ihnen zumindest Bronze sicher, weil es im Boxen bei Olympia keinen Platz 3 gibt.
Khelif besiege am Samstag mit einem einstimmigen Punktsieg die Ungarin Anna Luca Hamori. Danach wurde die 25-Jährige, die in der Gewichtsklasse bis 66 kg kämpft, von zahlreichen algerischen Fans in der Halle bejubelt. Sie selbst hatte nach der Verkündung des Ergebnisses ihre Hand mit voller Wucht auf den Ringboden geschlagen, salutiert und war in Tränen ausgebrochen.
„Das ist eine Frage der Würde und Ehre für jede Frau“, macht Khelif klar
„Das ist eine Frage der Würde und Ehre für jede Frau“, sagte die Algerierin in einem Fernsehinterview. Ihr sei Unrecht angetan worden, „aber ich habe Gott. Allah Akbar“, sagte sie, bevor sie von ihren Betreuern in eine algerische Flagge gehüllt in die Kabine gebracht wurde.
Die 28 Jahre alte Lin besiegte einen Tag später im Viertelfinale in der Gewichtsklasse bis 57 Kilo die Bulgarin Swetlana Stanewa einstimmig nach Punkten. Deren Trainer Borislaw Georgiew erwies sich allerdings als schlechter Verlierer. Bulgarischen Medien zufolge hielt er in der Interview-Zone ein Blatt Papier, auf dem stand: „Ich bin XX! Rettet den Frauensport!“ Frauen haben typischerweise zwei X-Chromosomen (XX), Männer in den meisten Fällen ein X und ein Y (XY).
Ob Khelif und Lin um Olympisches Gold kämpfen dürfen, entscheidet sich am Dienstagabend: Die Algerierin boxt dann im Halbfinale gegen die Thailänderin Janjaem Tha Suwannapheng, die Taiwanesin gegen die Türkin Esra Yıldız Kahraman.