Donnerstag, 28. März 2024
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Verhaftungen und Auftrittsverbot: Regenbogenfahnen bei Konzert verstören Ägypten

Mashrou’ Leila ist die beliebteste Indie-Rockband im arabischen Raum.

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Sie sind sie wohl interessanteste Indie-Rockband im arabischen Raum: Mashrou’ Leila haben im gesamten Nahen Osten, aber auch in den USA und Europa eine bunte Fangemeinde. Doch nun formiert sich Widerstand gegen die Freigeister: In Ägypten wurden Konzerte der Band verboten –  weil bei einem Auftritt in Kairo Fans Regenbogenfahnen geschwenkt hatten. Diese Konzertbesucher wurden danach von der Polizei verhaftet.

„Es war eines der besten Konzerte, die wir je gespielt haben“, freute sich die Band zunächst

Für Mashrou’ Leila war das Konzert, das sie vor tausenden Zuhörern in Kairo gespielt hatten, zunächst ein Erfolg. „Kairo, das war eine der besten Konzerte, die wir jemals gespielt haben“, postete die Band gemeinsam mit einem Foto: „Es war eine Ehre, vor so einem wundervollen Publikum zu spielen. So viel Liebe!“

Doch außerhalb des Publikums war Liebe eher spärlich vorhanden. Dass Regenbogenfahnen in der Menge zu sehen waren empörte die konservative ägyptische Gesellschaft. „Dieses Land braucht etwas wie Hiroshima, um es von diesem Dreck zu reinigen“, zitiert Spiegel Online einen Userkommentar. Viele Internetuser wünschten Lesben und Schwulen auch den Tod.

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Sieben Besucher mit Regenbogenflaggen wurden nach dem Konzert festgenommen

Mit Aufnahmen der Überwachungskameras haben die ägyptischen Sicherheitskräfte jene Personen identifiziert, die die Regenbogenfahnen geschwenkt haben sollen. Sieben von ihnen haben sie deshalb festgenommen. Ihnen droht eine Anklage wegen „Verbreitung von Unmoral“. Zwar ist Homosexualität in Ägypten per se nicht verboten, sie ist aber ein gesellschaftliches Tabu. Die Militärregierung geht gezielt gegen sexuelle Minderheiten vor. Damit möchte sie der Bevölkerung demonstrieren, dass sie islamische Werte – oder was sie dafür hält – schütze.

Und diese Einstellung findet man im ganzen Land: „Ich hatte gestern ein Treffen mit dem Verband, und wir haben uns entschieden, alle Genehmigungen zurückzuziehen, die Mashrou Leila erlaubten, Konzerte in Ägypten zu spielen“, erklärt Reda Ragab, der stellvertretende Vorsitzende des Musikerverbandes. Die Entscheidung müsse aber noch vom gesamten Vorstand abgesegnet werden.

Um in Ägypten spielen zu dürfen, brauchen ausländische Bands eine Erlaubnis des Musikerverbands, der Zensurbehörde und eines Sicherheitsbüros im Innenministerium. Letzteres hat dem Verband zufolge im Zweifelsfall das letzte Wort.

Die Musik von Mashrou’ Leila sei „verdorbene Kunst“. sagt ein hoher Funktionär

Die Musik von Mashrou’ Leila bezeichnete Ragab als „verdorbene Kunst“: Sie unterstütze die Werte der Gesellschaft nicht. Und auch, wenn Fans die Regenbogenfahnen geschwenkt haben, gibt der stellvertretende Vorsitzende des Musikerverbandes der Band eine Mitschuld: „Sie müssen sich mit dem Zuschauern abgesprochen haben, weil das ihr Symbol ist. Seit wann geben sich Homosexuelle öffentlich zu erkennen?“, ist der Funktionär überzeugt.

Mashrou’ Leila sorgen im arabischen Raum immer wieder für empörte Reaktionen. Wie Radio FM4 erklärt, hat jedes der fünf Bandmitglieder hat einen anderen religiösen Hintergrund. Deshalb und vor allem auch, weil Sänger Hamid Sinnos seine Homosexualität offen lebt, werden sie sowohl von christlicher als auch muslimischer Seite regemäßig massiv angefeindet. In Jordanien hat die Gruppe beispielsweise schon Auftrittsverbot.

In den USA wurde Mashrou’ Leila vor allem durch ein Mini-Konzert beim öffentlich-rechtlichen Sender NPR Music bekannt. Am Tag nach dem Anschlag auf den Schwulenclub „Pulse“ in Orlando beginnt die libanesische Band die Session mit „Maghawir“, einem Song über zwei Anschläge in Beiruter Nachtclubs. Die „Orlando Version“ mit verändertem Text traf den Nerv – auch wenn viele Hörer den Text auf Arabisch nicht verstehen.

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