Samstag, 27. April 2024
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Ukrainische Kirche will Medaille von Soldaten zurück, weil er schwul ist

Der Soldat Viktor Pylypenko ist einer der bekanntesten LGBTI-Aktivisten der Ukraine. Das dürfte sich allerdings nicht bis zur ukrainisch-orthodoxen Kirche herumgesprochen haben.

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Der Ukrainer Viktor Pylypenko ist ein Kriegsheld: Eigentlich schon ausgemustert, hat er sich sofort nach der Invasion Russlands im Jahr 2022 zum Wehrdienst gemeldet. Unter anderem hat er in Bachmut gekämpft, in einer der blutigsten Schlachten dieses noch jungen Jahrhunderts.

Viktor Pylypenko ist Soldat – und er ist schwul

Und er ist auch einer der bekanntesten LGBTI-Aktivisten der Ukraine. Nach seinem Coming-out im Jahr 2018 hat er die Organisation „LGBT+ Military“ gegründet, die queeren Soldat:innen und Veteran:innen helfen soll. Im Jahr 2021 hat er die bis jetzt größte Pride der Ukraine mitorganisiert.

Genau das scheint sich aber nicht bis zur ukrainisch-orthodoxen Kirche herumgesprochen zu haben. Denn am 8. Februar zeichnete der Kiewer Patriarch Filaret den Soldaten der 72. schwarzen Saporoger Brigade für seinen Kriegsdienst persönlich mit einer Medaille aus – um sie zwei Wochen später wieder zurückzufordern.

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Das Patriarchat dankt dem Soldaten Pylypenko, teilt aber nicht „seine sündigen Vorlieben“

„Wir danken dem Soldaten Viktor Pylypenko sowie allen unseren Verteidigern für den Schutz unserer Freiheit und territorialen Integrität, für seine militärischen Verdienste, aber wir teilen nicht seine sündigen Vorlieben und seine LGBT-Agitation“, so das Patriarchat.

Angesichts der „offenen Propagierung einer sündigen Ideologie und der Leugnung der Existenz Gottes“ sei die kirchliche Auszeichnung „als annulliert zu betrachten“, heißt es weiter in einem Facebook-Posting des Kiewer Patriarchats.

Die Aussage der Kirche sorgt unter Soldaten für Unverständnis

Das kritisiert nun die von Pylypenko gegründete Organisation „LGBT+ Military“. „Eine solche Diskriminierung ist barbarisch und bleibt leider immer noch ungestraft, weil es in der Gesetzgebung keinen Schutz gegen Homophobie und Transphobie gibt“, heißt es. Und auch unter ukrainischen Soldat:innen sorgt der Zick-Zack-Kurs der Kirche für Unverständnis.

Der Offizier und Bürgerrechtler Pablo Shatokhin richtete der ukrainisch-orthodoxen Kirche aus: „Als ob Ihr Ramsch danach irgendeinen Wert hätte: Den hat er nicht. Als ob sein Opfer und unsere Dankbarkeit weniger wert wären: das sind sie nicht. Ich werde Ihren Ramsch in die St. Volodymyr-Kathedrale bringen, also spielen Sie damit, wie Sie wollen.“

Der Kampf gegen Russland ist auch ein Kampf gegen Homophobie

Ilia Krotenko, der in der gleichen Einheit wie Pylypenko ist, nannte die Auszeichnung der Kirche ein „wertloses Schmuckstück“: „Im Zusammenhang mit dem absolut widerlichen Akt des Patriarchats und des Patriarchen Filaret, der dem Kriegsveteranen Viktor Pylypenko die Auszeichnung wegnahm, nur weil er offen schwul ist, lehne auch ich eine ähnliche Auszeichnung ab“, schrieb er.

Gerade queere Menschen engagieren sich oft in der ukrainischen Armee – ist ihnen doch bewusst, dass ihnen ein freies Leben bei einem Sieg von Putins Armee verwehrt bleibt. Als Kämpfer:innen erarbeiten sie sich dabei auch den Respekt ihrer Kamerad:innen – und bekämpfen so neben dem Feind auch Homophobie. Doch bis zur Staatskirche scheint sich das noch nicht herumgesprochen zu haben.

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