Sonntag, 28. April 2024
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Debatte über Selbstbestimmungsgesetz: Geldstrafe für Beatrix von Storch

Das aktuelle deutsche Transsexuellengesetz ist in wesentlichen Teilen verfassungswidrig. An seine Stelle soll ein modernes Selbstbestimmungsgesetz kommen. Das lässt im Bundestag die Emotionen hochgehen.

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Gestern fand im Deutschen Bundestag die erste Lesung zum Selbstbestimmungsgesetz statt, das eine amtliche Änderung des Geschlechts für trans, nicht-binäre und inter Menschen deutlich einfacher machen soll. Und wie erwartet verlief die Sitzung äußerst hitzig. Besonders negativ fiel dabei die AfD-Abgeordnete Beatrix von Storch auf.

Zwei Ordnungsrufe und Ordnungsgeld für Beatrix von Storch

„Man kann sein Geschlecht ebenso wenig ändern wie das Alter oder die Körpergröße“, erklärte die stellvertretende Fraktionschefin – und redete sich in Rage. „Jeder Wahnsinn erreicht ihren (sic!) Höhepunkt“, sagte sie. Dass trans Menschen durch das Offenbarungsverbot im neuen Gesetz nicht gegen ihren Willen geoutet werden dürfen, nannte sie eine „Aufforderung zur Lüge“.

Unter anderem wegen der Beleidigung der trans Abgeordneten Tessa Ganserer von den Grünen wurden Beatrix von Storch insgesamt zwei Ordnungsrufe erteilt. Aufgrund abwertender Kommentare, die sie während der Sitzung in Sozialen Netzwerken geschrieben hatte, verhängte Bundestagsizepräsidentin Petra Pau schließlich ein Ordnungsgeld gegen von Storch. Die Abgeordnete kann dagegen berufen.

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Eklat bei der Rede von trans Abgeordneter Tessa Ganserer

Ganserer erklärte schließlich in ihrer Rede, dass auch in der konservativen Schweiz die Zivilisation nicht durch eine entsprechende Regelung für trans Menschen zusammengebrochen sei. Während ihrer Rede kam es zu einem Eklat: Es wurden Fotos von ihr gemacht, was während der Plenardebatten verboten wurde. Sie warnte davor, die Fotos missbräuchlich zu verwenden und kündigte an, eine solche Verwendung zu ahnden.

Die Argumentation der Unionsparteien erinnerte hingegen in Teilen an jene der AfD. „Aus unserer Sicht ist Geschlecht nicht selbstbestimmt, sondern Schicksal“, erklärte die CDU-Abgeordnete Mareile Lotte Wulff, das Gesetz definiere Geschlecht jenseits aller biologischen Fundierung. Trotzdem müsse es „unser aller Ziel sein, dass auch transgeschlechtliche Menschen Teil unserer Gesellschaft sein können“.

Der Union geht der Entwurf zu weit, den Linken nicht weit genug

Sie forderte etwa einen wirksamen „Übereilungsschutz“ bei Kindern und Jugendlichen, die ihren Geschlechtseintrag ändern wollen. Und auch ihre Fraktionskollegin Dorothee Bär von der CSU forderte, „wirklich aus Fürsorge“ zumindest bei Jugendlichen eine Beratungspflicht beizubehalten.

Für die Linken geht das von der Ampelkoalition erarbeitete Selbsbestimmungsgesetz nicht weit genug. Kathrin Vogel, queerpolitische Sprecherin der Linksfraktion, nannte den Entwurf „eher enttäuschend“ und vom „Geist des Misstrauens“ gegenüber den Betroffenen geprägt.

So sei es etwa nicht nachvollziehbar, warum eine Änderung des Geschlechtseintrags der Polizei und dem Verfassungsschutz mitgeteilt würden. Darauf hatte das Innenministerium bestanden, um zu verhindern, dass Kriminelle durch eine Änderung des Geschlechtseintrags untertauchen können.

Es gehe um die Würde der Person, heißt es aus der Koalition

Lob für das Gesetz kam erwartungsgemäß von den Abgeordneten der Ampel-Koalition. Anke Hennig von der SPD betonte, dass niemandem etwas weggenommen werde. Allerdings würde in der öffentlichen Debatte Misstrauen gesät und gespalten. „Es ist notwendig, dass die Gesellschaft endlich alle Personen in ihrer Mitte akzeptiert. Queeres Leben muss selbstverständlich sein“, so Hennig.

Ähnlich äußerte sich auch Familienministerin Lisa Paus von den Grünen. Viel zu lange hätten Gutachter, Ärtzte und Richter über Geschlecht und Vornamen entschieden. „Ich bin sehr froh, dass wir die geschlechtliche Selbstbestimmung so regeln, wie es in einem freiheitlichen Rechtsstaat würdig ist“, sagte sie zu Beginn der Debatte. 

Justizminister Marco Buschmann von der FDP hat das Gesetz vor der Debatte gegen Kritik verteidigt. Es gehe bei dem Vorhaben um „die Achtung und die Würde der Person, nicht um Identitätspolitik oder Zeitgeist“, sagte der Minister: „Ein liberaler Staat muss respektieren, wenn transgeschlechtliche Menschen ihren Geschlechtseintrag ändern wollen.“

Der Gesetzesentwurf geht nun in die dafür zuständigen Ausschüsse.

Das derzeitige Transsexuellengesetz ist stellenweise verfassungswidrig

Das Selbstbestimmungsgesetz soll das Transsexuellengesetz aus dem Jahr 1980 ablösen. Dieses war in einigen Punkten vom Bundesverfassungsgericht beanstandet worden. Menschen, die ihr Geschlecht amtlich ändern wollen, müssen derzeit einen langwierigen Prozess durchlaufen, zu dem auch teils demütigende psychiatrische Gutachten gehören.

Das Selbstbestimmungsgesetz soll die Änderung des Geschlechtseintrags durch einen einfachen Sprechakt ermöglichen. Für Kinder unter 14 Jahren können die Eltern einen Antrag stellen, danach dürfen die Jugendlichen den Antrag selbst stellen, wenn die Eltern zustimmen. Sollten sie die Zustimmung verweigern, wäre ein Familiengericht zuständig. Medizinische Maßnahmen zur Angleichung des Geschlechts werden von dem Gesetz nicht geregelt.

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