Freitag, 19. April 2024
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Uganda: „Wegen Corona“ Razzia in LGBTI-Obdachlosenheim

Zwanzig Menschen in Untersuchungshaft, ihnen droht eine lebenslange Gefängnisstrafe

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Weltweit nutzen repressive Regimes die Corona-Krise, um gegen unliebsame Gruppen vorzugehen – zum Beispiel gegen sexuelle Minderheiten. Am vergangenen Sonntag hat die Polizei in Uganda ein Obdachlosenheim für queere Menschen gestürmt und insgesamt 23 Menschen in Gewahrsam genommen.

Die Festgenommenen sind nun im Gefängnis, ihre Anwälte dürfen nicht mit ihnen sprechen

„Es ist offensichtlich, dass sie nur wegen ihrer Homosexualität festgenommen wurden“, ärgert sich Frank Mugisha, der bekannteste LGBTI-Aktivist des Landes. In dem Haus der „Children of the Sun Foundation Uganda“ (COSF Uganda) in Kyengera am Rand der Hauptstadt Kampala finden obdachlose Angehörige sexueller Minderheiten und auch Aids-Patienten Zuflucht.

Das Heim ist schon öfter von der Polizei durchsucht worden. Bei den Inhaftierten soll es sich um 14 schwule Männer, zwei bisexuelle Männer und vier Transfrauen handeln. Sie dürfen bis 29. April festgehalten werden. Aufgrund der Corona-Beschränkungen dürfen ihre Anwälte derzeit nicht mit ihnen reden.

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Mindestens drei der Verhafteten wurden in dem Heim auch wegen ihrer HIV-Infektion behandelt und benötigen Medikamente. Unter den Freigelassenen ist unter anderem eine Krankenschwester, die im Obdachlosenheim gearbeitet hat.

Offiziell wurde das Heim gestürmt, weil die Bestimmungen gegen Corona nicht eingehalten wurden

Offiziell bestreiten die Behörden, dass das Haus gestürmt wurde, weil die Bewohner Angehörige sexueller Minderheiten sind. Wie der Fernsehsender BBS TV berichtet, werden die Verhafteten beschuldigt, gegen eine Direktive des Präsidenten Yoweri Museveni zur Eindämmung des Coronavirus verstoßen zu haben.

So erklärte Polizeisprecher Patrick Obyango, dass die Personen auf kleinstem Raum zusammengelebt hätten, obwohl Versammlungen von mehr als zehn Personen illegal seien. 

Die Polizei trieb die Bewohner wie Vieh durchs Dorf, die Bewohner verspotteten sie dabei

Das dürfte aber nur die halbe Wahrheit sein: Wie die Menschenrechtsgruppe Human Rights Awareness and Promotion Forum (HRAPF) berichtet, haben sich schon vorher Nachbarn des Obdachlosenheims bei Bürgermeister Hajj Abdul Kiyimba über die Bewohner beschwert. Auf einem Video der Organisation ist zu sehen, wie Kiyimba die Bewohner während der Razzia mit einem Stock schlägt.

Auch die Polizei prügelte mit Schlagstöcken auf die Bewohner des LGBTI-Obdachlosenheims ein. Schließlich wurde die Gruppe zusammengetrieben und musste quer durch das Dorf bis zur nächstgelegenen Polizeistation im Nachbarort gehen. Dabei wurden sie von den johlenden Dorfbewohnern verspottet.

Die Polizei hat bei der Razzia auch nach „Beweisen“ für gleichgeschlechtlichen Sex gesucht

Nach Recherchen von HRAPF hat die Polizei bei der Razzia in dem Obdachlosenheim auch nach Beweisen für gleichgeschlechtlichem Sex gesucht. Dieser kann in Uganda mit lebenslangen Haftstrafen geahndet werden.

Indirekt bestätigte das auch Polizeisprecher Obyango: Er wies darauf hin, dass „unnatürlicher Sex“ verboten sei und natürlich auch geahndet werden könne. Bei der Razzia wurden HIV-Medikamente, Selbsttests und Kondome konfisziert.

Die Polizei gab mittlerweile bekannt, dass die Verhafteten in Gewahrsam bleiben und vor Gericht gestellt werden sollen. Ihnen werden Ungehorsam gegenüber der gesetzlichen Ordnung, Fahrlässigkeit, die zu einer Infektion führen kann, „und alle anderen Anklagepunkte, die sich aus den Untersuchungen bis zum Abschluss der Ermittlungen ergeben könnten“ vorgeworfen.

Prediger behaupten, Corona sei die Strafe Gottes für homosexuelle Praktiken

Über die Ausbreitung des Virus kursieren jede Menge Gerüchte und Unwahrheiten. So behaupten evangelikale Fundamentalisten, dass homosexuelle Praktiken die Ursache für die Pandemie in Afrika seien. Auch den 23 Festgenommenen wird vorgeworfen, „den Fluch des Virus“ in ihr Dorf gebracht zu haben.

In Uganda seit dem 22. März eine 32 Tage dauernde Ausgangssperre. Auch Ansammlungen von Menschen sind verboten. Die Polizei greift hart durch und schlägt auch brutal auf die Bevölkerung ein, um die Maßnahmen durchzusetzen.

Bis jetzt wurden in dem ostafrikanischen Land 44 Corona-Fälle registriert. Die meisten seien ins Land „eingeschleppt worden“, heißt es. Ins Land gebracht wurde das Virus offenbar durch einen Ugander, der Anfang des Jahres aus Dubai zurückgekehrt war.

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