Samstag, 20. April 2024
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Italien: Eklat um Rapper Fedez und schwulenfeindliche Politiker

Zitate aus der zweiten Reihe empören Italien - jetzt muss sogar Salvini einlenken

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Er ist einer der bekanntesten Musiker Italiens: Rapper Fedez ist als Juror bei der italienischen Version von X Factor bekannt, der Spielleiter in der Amazon-Comedy-Show „LOL“, und mit der Influencerin Chiara Ferragni zusammen. Zusammen hat das Power-Paar 36 Millionen Follower. Politisch hält sich der Mailänder Rapper, dem eine Nähe zur Fünf-Sterne-Bewegung nachgesagt wird, eher zurück – doch wenn es um die Rechte sexueller Minderheiten in Italien geht, kann er nicht schweigen.

Seit Monaten hängt ein Gesetz gegen Homophobie im Senat

So geschehen beim traditionellen 1.-Mai-Konzert der italienischen Gewerkschaften. In der Regel ist die Veranstaltung nicht der große Aufreger in unserem Nachbarland – doch das war dieses Jahr anders: Denn Fedez hatte seinen Auftritt zu einer Abrechnung mit der rechtspopulistischen Lega von Matteo Salvini genutzt.

Diese blockiert seit Monaten im Senat das nach seinem Verfasser benannte „Legge Zan“, das die Rechte sexueller Minderheiten vor Diskriminierung stärken soll. So sollen Drohungen, Angriffe oder Mobbing mit bis zu 4 Jahren Haft geahndet werden. Dasselbe gilt für Hassreden gegen Menschen wegen deren „Geschlecht, sexueller Orientierung oder sexueller Identifizierung“. In der Abgeordnetenkammer wurde der Entwurf bereits im November angenommen.

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Fedez zeigt auf, wie sehr die Lega sexuelle Minderheiten verachtet

Doch während Lega-Chef Salvini immer wieder betont, eigentlich kein Problem mit Homosexuellen zu haben, zitierte Fedez bei seinem Auftritt am Sonntag Lega-Politiker aus der zweiten Reihe, die – anders als ihr Chef – eine andere, viel deutlichere und entlarvendere Sprache sprechen.

Der 31-Jährige zitierte auf offener Bühne den Regionalrat, der verkündet, „wenn mein Sohn schwul wäre, würde ich ihn im Ofen verbrennen“, und den Lokalpolitiker, der Homosexuellen empfiehlt, „sie sollten anfangen, sich wie normale Menschen zu verhalten“. Parteichef Salvini hatte sie nach diesen Aussagen zurückgepfiffen.

Die Botschaft des Rappers kam an. Am Sonntag war Fedez der Aufmacher in den Abendnachrichten des öffentlich-rechtlichen Senders Rai 3. Die drei wichtigsten Tageszeitungen Italiens, La Repubblica, Corriere della Sera und La Stampa, reservierten am Montag ihre Titelseiten für den „Fall Fedez“, den sie als „Wirbelsturm“ bezeichneten.

Auch die öffentlich-rechtliche Rai macht in dieser Geschichte keine gute Figur

Dabei bekam auch die Rai, die das Maikonzert der Gewerkschaften übertagen hatte, im Statement des Rappers ihr Fett weg: Der Sender habe versucht, seine Rede zu zensieren und wollte die schwulenfeindlichen Zitate der Lega-Politiker herausstreichen, sagte Fedez. Dazu veröffentlichte er ein Video mit einem Telefongespräch, das der Mailänder Rapper mit einem hochrangigen Funktionär der Rai führte.

„Ich bitte Sie, sich einem System anzupassen, das Sie wahrscheinlich nicht verstehen“, hört man den Rai-Verantwortlichen in dem Video sagen. Auch das führte in Italien zu einem Aufschrei gegen den öffentlich-rechtlichen Sender, der versucht, seinen Weg zwischen den politischen Lagern zu finden.

Rai-Geschäftsführer Fabrizio Salini versuchte, nach der Veröffentlichung des Videos die Wogen zu glätten: „In der Rai gibt es sicher und es darf es kein System geben. Sollte jemand auf unpassende Art dieses Wort für die Rai und im Namen der Rai benutzt haben, entschuldige ich mich“, betonte der Chef des öffentlich-rechtlichen Senders.

Demonstrative Zustimmung aus der Politik – auch Salvini gibt sich gesprächsbereit

Die Politik reagierte schnell: Sowohl die gemäßigt linke Partito Democratico (PD) als auch die Fünf-Sterne-Bewegung fordern nun eine schnelle Verabschiedung des „Legge Zan“ – und den Rücktritt der Rai-Spitze. Dabei ist das Gesetz auch in den beiden Parteien selbst nicht unumstritten – geschlossen stimmten beide von ihnen im Abgeordnetenhaus nicht dafür.

Der ehemalige Ministerpräsident Giuseppe Conte von der Fünf-Sterne-Bewegung twitterte: „Ich stehe an Fedez‘ Seite“, und PD-Vorsitzender Enrico Letta ließ ebenfalls wissen, er teile Fedez‘ Meinung „vollständig“.

Und während Lega-Chef Matteo Salvini in einer ersten Stellungnahme forderte, dass das vom Steuerzahler bezahlte Konzert „nicht für linke Propaganda“ genutzt werden dürfe, lenkte er schon bald ein. Er bot Fedez fast schon untertänig an, mit ihm „einen Kaffee zu trinken“. Ein Angebot, das der Rapper wohl ablehnen wird.

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