Freitag, 29. März 2024
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Italien: Vatikan interveniert gegen Anti-Homophobie-Gesetz

Katholische Kirche wehrt sich gegen Aktionen gegen Homophobie an ihren Schulen

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Für italienische Verhältnisse ungewohnt deutlich hat sich der italienische Ministerpräsident Mario Draghi gegen die Einmischung des Vatikans in die Innenpolitik ausgesprochen. Die römisch-katholische Kirche hatte versucht, den Inhalt des “Legge Zan”, eines Gesetzes gegen Homophobie, in ihrem Sinne zu beeinflussen – auch auf für sie ungewohnt deutliche Weise.

Der Vatikan hat versucht, auf direktem Weg Einfluß zu nehmen

Wie die Mailänder Tageszeitung Corriere della Sera am Montag berichtet hat, sei der Außenminister des Vatikans am 17. Juni in der italienischen Botschaft am Heiligen Stuhl erschienen und hatte mit einer Verbalnote um eine Änderung des Gesetzestextes gebeten. Das ist zuvor noch nie passiert – in der Vergangenheit hatte der Vatikan immer versucht, seine Anliegen etwa über die italienische Bischofskonferenz durchzusetzen. Die Tageszeitung La Stampa nennt das Vorgehen der Kirche deshalb eine ”Grätsche”, für La Repubblica ist es “schwere Artellerie”. Der Vatikan hat die Übermittlung des Schriftstücks mittlerweile bestätigt.

Dem Bericht zufolge sorgt sich die Kirche vor allem um einige ihrer Privilegien. So regelt etwa eine Vereinbarung zwischen Italien und dem Vatikan aus dem Jahr 1984 die Organisationsfreiheit der Kirche. Diese könnte unterlaufen werden, wenn – wie im Gesetz empfohlen – auch alle Privatschulen etwas für den Internationalen Tag gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transphobie (IDAHOBIT) am 17. Mai organisieren müssten. Allerdings sind diese Aktionen dem Gesetz zufolge gar nicht verpflichtend, da es eine Gewissensfreiheit ausdrücklich einräumt.

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Draghi macht klar: Italien ist ein säkularer Staat

Am Dienstag hat Draghi im Senat nun die Freiheit des Parlaments betont: Italien sei ein säkularer Staat, und deshalb sei das Parlament frei in seiner Diskussion. Italiens Rechtssystem garantiere, dass die Gesetze verfassungsrechtliche Grundsätze und internationale Verpflichtungen garantierten. Dazu gehörten auch Vereinbarungen mit der Kirche, so der frühere Chef der Europäischen Zentralbank (EZB).

Das Gesetz wurde nach dem sozialdemokratischen Abgeordneten und LGBTI-Aktivisten Alessandro Zan, der es ausgearbeitet hatte, benannt. Es hat das Abgeordnetenhaus des italienischen Parlaments bereits letztes Jahr mit deutlicher Mehrheit passiert. Das Gesetz soll LGBTI-Rechte in Italien auf westeuropäische Standards bringen, den Kampf gegen Homo- und Transphobie stärke, die Bevölkerung für diese Themen stärker sensibilisieren und Hassverbrechen stärker bestrafen.

Der Senat hat das Gesetz hingegen noch immer nicht beschlossen. Seit Monaten gibt es einen erbitterten Kampf zwischen Politiker:innen und Aktivist:innen um das Gesetz. Die rechten Parteien blockieren das Gesetz und sprechen von “Gesinnungsdiktatur” und “Staatsreligion”, unterstützt von traditionalistischen Kreisen der Kirche und von Verfechtern der konventionellen Familie.

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