Freitag, 26. April 2024
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HIV nicht nachweisbar: Trotzdem keine 24-Stunden-Pflege für 81-Jährigen

Noch immer werden Menschen mit HIV in Österreich diskriminiert. Auf einen extremen Fall macht jetzt der Wiener Rechtsanwalt Helmut Graupner aufmerksam: Einem 81 Jahre alten Niederösterreicher wurde deshalb der Vertrag für seine 24-Stunden-Pflege gekündigt.

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Einen schwer fassbaren Fall von Diskriminierung macht nun der Wiener Anwalt Helmut Graupner öffentlich. Es geht um einen 81 Jahren Niederösterreicher, der 24-Stunden-Betreuung benötigt hat – und keine bekommen hat, weil mehrere Trägerinstitutionen offenbar der Meinung waren, ihren Betreuungspersonen keinen HIV-positiven Kunden zumuten zu können.

Nach einer Woche Pflege kündigt das Hilfswerk den Betreuungsvertrag

Lange Zeit wurde der 81 Jahre alte Niederösterreicher regelmäßig wegen seines hohen Alters von der ambulanten Hauskrankenpflege des Roten Kreuzes betreut. Seine HIV-Infektion war bekannt, aber nie ein Thema. Seine Viruslast war durch seine Medikamente immer unter der Nachweisgrenze.

Im Frühjahr dieses Jahres wurde dann eine 24-Stunden-Pflege nötig. Wie das Ö1-Morgenjournal berichtet, hatte diese zunächst das Hilfswerk übernommen. Eine Woche lang gab es keine Probleme – dann wurde der Vertrag ohne Einhaltung der Kündigungsfrist „aus fachlichen Gründen“ schriftlich gekündigt.

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„Die kommen halt aus Ländern, wo es diese Vorurteile gibt“

Im mündlichen Gespräch wurde klar: Grund für die Kündigung sei die HIV-Infektion des Mannes. „Das könne man den Pflegepersonen nicht zumuten, weil man vermutet, da wäre niemand bereit. Die kommen halt aus Ländern wie Rumänien oder der Slowakei, wo es diese Vorurteile gibt, und die so verbreitet sind“, beschreibt der Wiener Anwalt Helmut Graupner gegenüber dem ORF-Radio das Gespräch.

Dabei gilt: „Wenn man unter der Nachweisgrenze ist, kann man das Virus sowieso nicht weitergeben. Es gibt keinen Grund bei Menschen, die unter der Nachweisgrenze sind, überhaupt darüber zu diskutieren“, erklärt Andrea Brunner, Geschäftsführerin der Aids Hilfe Wien (AHW). Sie bietet auch spezielle Schulungen für Pflegekräfte zu diesem Thema an.

Hilfswerk sieht keine strukturelle Diskriminierung in der Kündigung

Gegenüber dem ORF betont das Hilfswerk, dass es sich bei der außerordentlichen Kündigung um keine strukturelle Diskriminierung gehandelt habe. Es habe sich keine Betreuungsperson gefunden. „Natürlich kann es sein, dass aus welchen Gründen auch immer in manchen Ländern stärkere Vorbehalte da sind als in Österreich, obwohl wir als Organisation damit wirklich kein Problem haben“, so Geschäftsführerin Elisabeth Anselm.

Allerdings berichtet Graupner, dass die Bereichsleiterin der Pflegeorganisation zu Beginn der Tätigkeit keine Bedenken wegen der HIV-Infektion des 81-Jährigen hatte. Und auch die bereits tätige Pflegerin, die aus Rumänien kam, hatte kein Problem mit dem HIV-Status des Mannes. Sie wäre sogar bereit gewesen, den 81-Jährigen weiter zu pflegen, so der Anwalt/Ü

Peinlich: Ausgerechnet in der Slowakei findet der 81-Jährige zwei Betreuerinnen

Auch andere österreichische Agenturen, die eine 24-Stunden-Pflege anbieten, weigerten sich, den Pensionisten zu betreuen. Besonders unangenehm für diese Firmen: Ausgerechnet eine slowakische Agentur hatte kein Problem mit der HIV-Infektion des 81-Jährigen und schickte zwei Personen, die ihn betreut haben.

In diesem Fall ist es am Ende zu keiner Klage wegen Diskriminierung gekommen. Sein Mandant sei wenige Wochen später, mit mittlerweile 82 Jahren, verstorben, so Graupner – „in dem Wissen, dass er aufgrund seiner HIV-Infektion diskriminiert wurde, und wir hätten nicht gedacht, dass das heutzutage noch möglich ist.“

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