Mittwoch, 17. April 2024
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Bayern: Aktionsplan gegen Homophobie „würde zu Stigmatisierung führen“

Eigene LGBT-Ansprechpersonen bei Polizei und Staatsanwaltschaft sind für die CSU unnötig

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Die Zahl der Gewalttaten gegen sexuelle Minderheiten nimmt auch in Bayern zu. Doch die Staatsregierung sieht keinen Grund für einen eigenen Aktionsplan. Das berichtet die Bayerische Staatszeitung.

Auch, wenn Hasskriminalität aufgrund der sexuellen Orientierung in Bayern nicht so konsequent gezählt werden wie beispielsweise in Berlin – die Zahlen sprechen eine eindeutige Sprache: Wurden im Jahr 2007 noch vier entsprechende Verbrechen gezählt, waren es 2014 bereits 49 Straftaten. In den Jahren 2015 und 2016 sind die Straftaten leicht auf 32 beziehungsweise 21 zurückgegangen.

Viermal soviel Einwohner wie Berlin und nur ein Viertel soviel homophobe Straftaten?

Dabei handelt es sich um jede Taten, die auch in der Statistik als solche gezählt werden. Die Dunkelziffer dürfte deutlich höher sein. Denn in Berlin, das ein Viertel der Einwohner Bayerns hat, wurden letztes Jahr mehr als hundert homo- und transfeindliche Taten gezählt.

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Denn im Glockenbachviertel, dem traditionellen Herz der Münchner Community, geht es immer gewaltsamer zu. Im Mai wurde ein 30-Jähriger von Unbekannten homophob beschimpft und dann verdroschen, als er sie zur Rede stellen wollte. Und im Oktober ist ein schwules Ehepaar aus den USA von zwei Unbekannten sexuell belästigt und geschlagen worden. Einem von ihnen wurde offenbar auch das Handy gestohlen.

Insgesamt gab es in den letzten zehn Jahren 16 Opfer von explizit homo- beziehungsweise transfeindlich motivierten Gewalttaten. Das geht aus der Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage durch das Innenministerium hervor, die Ludwig Hartmann, Fraktionschef der Grünen im Bayerischen Landtag, gestellt hat. Wie viele Verfahren eingeleitet und wie viele Täter verurteilt wurden, kann das Ministerium nicht sagen.

Bayerisches Innenministerium sieht keinen Handlungsbedarf

Auch sonst sieht das bayerische Innenministerium keinen Handlungsbedarf, um Lesben, Schwule, Bisexuelle oder Transgender-Personen besser zu schützen. „Eine spezielle Schwerpunksetzung würde den Blick auf das gesamte Spektrum polizeilicher Aufgaben verengen“, heißt es in der Anfragebeantwortung weiter.

Einen Aktionsplan gegen Homo- und Transphobie brauche Bayern nicht, ist Innenminister Joachim Herrmann von der CSU überzeugt. „Bei allen Polizeipräsidien in Bayern stehen die Beauftragten der Polizei für Kriminalitätsopfer als Ansprechpartnerinnen für Gewaltopfer und damit auch allen transsexuell beziehungsweise homosexuell orientierten Personen zur Verfügung“, so der Minister. Eine eigene Ansprechstelle für diese Gruppe würde seiner Meinung nach „nur zur Stigmatisierung führen“.

Das sieht Ludwig Hartmann anders. Er fordert, dass es auch in Bayern eigene LGBT-Ansprechpersonen in Polizei und Staatsanwaltschaft gibt. Außerdem solle es einen landesweiten Aktionsplan für Antidiskriminierung, Gleichstellung und Akzeptanz sexueller Vielfalt geben, fordert der Grüne Fraktionschef. Auch die polizeiliche Tatanalyse soll überarbeitet werden, damit homo- und transphobe Hassverbrechen auch als solche erkannt und behandelt werden. „Die Präventions- und Beratungsarbeit der CSU-Regierung gegen Homo- und Transfeindlichkeit“, sei laut Hartmann, „ nicht existent“.

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