Samstag, 20. April 2024
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Asylamt outet schwulen Iraker bei seiner Familie

Nachdem der junge Iraker vor der Familie geoutet wurde, schickt ihn das Asylamt in seine Heimat zurück - dort droht ihm die Ermordung

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Für Empörung sorgt erneut der Umgang des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) mit homosexuellen Geflüchteten: Wie die Wiener Stadtzeitung Falter in ihrer aktuellen Ausgabe berichtet, wurde ein 27-jähriger Iraker im Juli 2018 vom BFA vor seinem Vater zwangsgeoutet.

„Können sie bestätigen, dass ihr Sohn homosexuell ist?“, will das BFA vom ahnungslosen Vater wissen

„Ihr Sohn hat angegeben, seit seinem 16. Lebensjahr homosexuell zu sein. Was sagen sie dazu? Können sie das bestätigen?“, wollte der zuständige Beamte vom Vater des Asylwerbers wissen. Doch dieser hatte keine Ahnung, dass sein Sohn schwul ist. Damit brach der zuständige Beamte seine Verschwiegenheitspflicht für den jungen Mann.

„Die Unwissenheit des Vaters unterstreichen nur, dass Homosexualität ein triftiger Flüchtlingsgrund ist! Es zeigt, wie schwierig die Situation für den schwulen Flüchtling ist. Er wird nicht nur verleugnet, sondern als Schwuler in seinem Heimatland verfolgt und zu Tode gefoltert“, so Joe Niedermayer, Obmann der steirischen LGBT-Organisation „RosaLila PantherInnen“ (RLP).

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Kein Asyl für schwulen Iraker, weil er dem Beamten zu schwul vorkam

Für das BFA war die Unwissenheit des Vaters aber nur ein weiteres Indiz dafür, dass der 27-jährige Iraker gar nicht schwul sei. Der Asylantrag des Irakers, der sich unter anderem in Graz bei den RLP in der LGBT-Community engagiert und eine Coming-Out-Broschüre in seine Muttersprache übersetzt hat, wurde abgelehnt.

Einer der Gründe dafür: Der Iraker habe sich bei seiner Befragung zu schwul verhalten – oder „eines stereotypischen, jedenfalls überzogenen ‚mädchenhaften‘ Verhaltens (Gestik und Mimik) eines ‚sexuell anders Orientierten‘ bedient“, wie es das BFA in seinem ablehnenden Bescheid umschreibt.

Hat die Ablehnung von Asylbescheiden schwuler Flüchtlinge in Österreich System?

Mittlerweile glauben LGBT-Aktivisten, dass dieses Vorgehen System hat. „Wir glauben, dieses Vorgehen hat System“, so Niedermayer. Bei den RLP glaubt man deshalb, dass Flüchtlinge, die aufgrund ihrer sexuellen Orientierung in Österreich Schutz suchen, vom BFA „offenbar systematisch abgeschoben“ werden. Die PantherInnen wollen dem 27-Jährigen auf jeden Fall weiter unterstützen.

Eine Ansicht, die auch Mario Lindner, Bundesvorsitzender der sozialdemokratischen LGBTIQ-Organisation SoHo teilt: „Die letzten Monate haben leider klar gezeigt, dass es ein Muster von mehr als fragwürdigen Entscheiden über insbesondere schwule Asylwerber im BFA gibt“, erklärt er: „Inzwischen ist es absurd, in diesem Zusammenhang noch von Einzelfällen zu sprechen. Dieser Umgang mit LGBTIQ-Geflüchteten ist für einen demokratischen Rechtsstaat wie Österreich absolut untragbar.“

Der abgelehnte Asylwerber hat gemeinsam mit den RLP Beschwerde gegen den negativen Asylbescheid eingelegt – die Grazer LGBT-Organisation will den Iraker auch weiter unterstützen. Und auch Lindner fordert Konsequenzen: „Es wird nicht ausreichen, einzelne Interviewer zu suspendieren, wenn sich hier ein Muster von schwulenfeindlichen Klischees und sogar Zwangsouting auftut“, so der offen schwule Nationalratsabgeordnete.

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