Freitag, 29. März 2024
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Russland wegen „Gesetz gegen Homo-Propaganda“ verurteilt

Gesetz verstoße gegen Meinungsfreiheit und Diskriminierungsverbot, so der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte

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In Straßburg hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) Russland wegen seiner Anti-Homo-Gesetze verurteilt: Das Verbot von „Propaganda für Homosexualität“ verstoße gegen die Meinungsfreiheit und das Diskriminierungsverbot, so die Richter in dem heute veröffentlichten Urteil.

Gesetz gegen „Homo-Propaganda“ seit 2013

Das Gesetz gegen „Homo-Propaganda“ trat im Juni 2013 in Kraft. Seitdem ist es strafbar, sich positiv über Homosexualität zu äußern, wenn Minderjährige anwesend sein könnten. Im Jahr 2009 war ein entsprechender Gesetzesentwurf in der Duma, dem russischen Parlament, noch gescheitert. In dem Urteil des EGMR heißt es, das Gesetz erfülle „keinen legitimen öffentlichen Zweck“ und fördere stattdessen Homophobie. Das aber sei mit den Werten einer demokratischen Gesellschaft unvereinbar.

Treibende Kraft hinter dem Gesetz war der St. Petersburger Abgeordneter Witalij Milonow. In seiner Heimatstadt hat er ein ähnliches Gesetz im Jahr zuvor durchgesetzt. Lob gab es damals von der russisch-orthodoxen Kirche: Sie sah darin den Schutz der Gesellschaft vor „unmoralischen westlichen Einflüssen“ gewährleistet. St. Petersburg werde so zu einem „Vorposten der Sittlichkeit“, einem Pilgerort für alle „guten Christen“.

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Drei LGBT-Aktivisten klagten gegen das Gesetz und bekamen recht

Gegen das russlandweite Gesetz gegen „Homo-Propaganda“ hatten drei LGBT-Aktivisten geklagt, die gegen das Gesetz protestiert hatten und deshalb zur Zahlung von Geldstrafen verurteilt wurden. Der Menschenrechtsgerichtshof sprach ihnen nun Entschädigungen zwischen 8.000 und 20.000 Euro zu.

Ob Russland nach dieser Entscheidung des EGMR die betreffenden Gesetze ändern, darf allerdings bezweifelt werden. Das Parlament hat im Dezember 2015 fast einstimmig beschlossen, Entscheidungen des EGMR nicht mehr automatisch anzuerkennen. Russland unterzeichnete im Jahr 1996 die Konvention und erkannte damit die Rechtsprechung des Gerichtshofes und damit die verpflichtende Umsetzung seiner Urteile an.

Russland wird das Urteil wahrscheinlich ignorieren

Offizieller Anlass für das Gesetz war ein Urteil des EGMR, das Russland dazu verpflichtete, ehemalige Aktionäre des nun verstaatlichten Ölkonzerns Yukos mit insgesamt umgerechnet fast zwei Milliarden Euro zu entschädigen. Doch auch bei LGBT-Rechten hat das Straßburger Gericht mehrmals zugunsten der russischen Community entschieden. So hat der Menschenrechtsgerichtshof unter anderem die Verbote der Moscow Pride als menschenrechtswidrig aufgehoben.

Eine Rolle könnte das Urteil aber in anderen Ländern spielen: So hat beispielsweise Litauen im Jahr 2009 ein Jugendschutzgesetz verabschiedet, dass es Schulen und Bibliotheken verbietet, Informationen bereitzustellen, die „Minderjährige zu sexuellen Beziehungen ermutigen, die Familienwerte verunglimpfen oder ein Konzept von Ehe und Familie fördern, das nicht in der Verfassung vorgesehen ist“.

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