Donnerstag, 28. März 2024
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Immer mehr CSU-Politiker für Öffnung der Blutspende

In Deutschland bekommt die konservative Front gegen eine diskriminierungsfreie Blutspende immer mehr Risse

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In Deutschland wackelt die Front gegen eine diskriminierungsfreie Blutspende: Während sich in Österreich vor allem die ÖVP und das Rote Kreuz gegen einen fairen Zugang für schwule und bisexuelle Männer sträuben, will in unserem Nachbarland nun auch ein Politiker der CSU die Eignung von Blutspendern nach deren Risikoverhalten bewerten.

12-Monats-Frist „fachlich nicht mehr begründbar“

Bis jetzt gilt in Deutschland – wie auch in Österreich – für Männer, die Sex mit Männern haben, eine zwölfmonatige Wartefrist, bis sie ihr Blut spenden können. Diese Frist solle auf sechs bis acht Wochen verkürzt werden, forderte CSU-Gesundheitspolitiker Stephan Pilsinger am Samstag im Münchner Merkur. Denn mit modernen Antikörpertests könne bereits nach dieser Zeitspanne festgestellt werden, ob eine HIV-Infektion bestehe oder nicht.

Deshalb sollte auch nur dieses Zeitfenster ausschlaggebend sein, so Pilsinger. Die derzeit geltende Beschränkung von einem Jahr sei eine willkürliche Grenze und „fachlich nicht mehr begründbar“, so der Politiker, der neben seinem Bundestagsmandat auch als Hausarzt im Münchner Umland arbeitet. Die Koalition aus CDU/CSU und SPD solle einen dementsprechenden Antrag im Bundestag einbringen.

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Risikoverhalten statt Risikogruppe

Pilsinger betont, dass es auch einen Unterschied machen müsse, „ob jemand einen festen Partner oder wechselnde Partner hat – und ob der Verkehr geschützt oder ungeschützt war“, unabhängig von der sexuellen Orientierung. Bei Homo- wie Heterosexuellen müsse künftig „das individuelle Risikoverhalten“ ausschlaggebend sein und „keine Pauschalität“. Ansonsten wäre die Beschränkung eine ungerechtfertigte Diskriminierung.

Außerdem könne es sich die Gesellschaft nicht leisten, potenzielle Blutspender:innen ohne medizinisch gerechtfertigten Grund abzuweisen. Welche Auswirkungen das haben kann, wurde letztes Jahr in Österreich deutlich, als die Wissenschaft händeringend nach Covid-19-Genesenen gesucht hat, um mit deren Blutplasma schwer Erkrankten zu helfen – und schwule Männer, die helfen wollten, abweisen musste.

Immer mehr CSU-Abgeordnete schwenken zur diskriminierungsfreien Blutspende

Es ist die zweite Stimme innerhalb der CSU, die sich für eine diskriminierungsfreie Blutspende eingesetzt hat. Erst Anfang März hat sich Stefan Müller, Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe im Bundestag, für ein Ende der Ungleichbehandlung eingesetzt. „Es ist Zeit, dass das #Blutspende-Verbot für Homosexuelle vollständig gekippt wird. Die jetzigen Einschränkungen sind nicht nur lebensfern und diskriminieren Homo- und Bisexuelle, sondern sie sind auch medizinisch gar nicht notwendig“, so Müller auf Twitter.

Als Folge der Aids-Krise in den 1980er Jahren waren Männer, die Sex mit Männern haben, und trans Menschen auch in Deutschland lange vollständig von der Blutspende ausgeschlossen. Seit 2017 dürfen zumindest schwule und bisexuelle Männer Blut spenden – wenn sie in den zwölf Monaten vor der Spende keinen gleichgeschlechtlichen Sex hatten.

Ärztekammer verteidigt langen Ausschluss von MSM weiter

In den Richtlinien der Bundesärztekammer werden Männer, die Sex mit Männern haben, noch immer pauschal als besondere Gefahrengruppe gesehen: Das hat sie letzte Woche in einer Pressemitteilung noch einmal bestätigt. Die „Zulassungskriterien zur Blutspende bei sexuellem Risikoverhalten“ basierten ausschließlich auf „evidenzbasierten, wissenschaftlichen Erkenntnissen und Daten“, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung mit anderen medizinischen Organisationen.

In Österreich hat der ehemalige Gesundheitsminister Rudolf Anschober von den Grünen angekündigt, die Wartefrist für schwule und bisexuelle Männer von zwölf auf vier Monate zu reduzieren. Ein komplettes Ende der Diskriminierung scheitert derzeit am Koalitionspartner ÖVP und dem Roten Kreuz, das sich als größter Anbieter für Blutspenden gegen große Änderungen ausspricht. Allerdings haben weder Anschober noch sein Nachfolger Wolfgang Mückstein bis jetzt diese Ankündigung umgesetzt – trotz mehrfacher Erinnerung durch die Opposition.

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