Freitag, 26. April 2024
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Nach drei Jahren: Schwuler Algerier bekommt in Deutschland Asyl

Weil er schwul ist, flüchtete Abdelkarim Bendjeriou-Sedjerari aus seiner Heimat Algerien nach Deutschland. Doch das zuständige Bundesamt für Migration und Flüchtlinge lehnt seinen Asylantrag zunächst ab. Nach drei Jahren Kampf ist nun klar: Der 35-Jährige darf bleiben.

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„Ich habe einen Luftsprung gemacht und erst mal geschrien“, erinnert sich Bendjeriou-Sedjerari im Gespräch mit dem Hessischen Rundfunk (hr)  an seine erste Reaktion, als er kurz vor Weihnachten den Bescheid vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) bekam, dass er bleiben dürfe – zumindest drei Jahre lang, mit einer hohen Wahrscheinlichkeit auf Verlängerung.

Ein dreijähriger Kampf quer durch alle Instanzen

Denn mehr als drei Jahre lang scheiterte der schwule Algerier daran, in Deutschland als Flüchtling anerkannt zu werden. Bis jetzt wurde er nur geduldet, weil er in Frankfurt/Main eine Ausbildung zum Elektriker macht. Alle rechtlichen Schritte zu einer dauernden Anerkennung scheiterten, trotz seines Engagements für queere Geflüchtete, zuletzt beim Verwaltungsgericht Frankfurt.

„Ich hatte wirklich Angst, abgeschoben zu werden“, erklärt der 35-Jährige. In Algerien habe ihn ein Arbeitskollege wegen seiner Homosexualität erpresst, er wurde bedroht, seine Familie habe ihn verstoßen. Trotzdem ging das BAMF bis jetzt davon aus, dass das Risiko einer bedrohlichen Verfolgung für homosexuelle Menschen in Algerien nicht so groß sei, dass es eine „flüchtlingsschutzrelevante Verfolgung“ gebe.

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Das „diskrete Leben“ in der Heimat wird vom BAMF nun nicht mehr verlangt

Das kritisierte unter anderem Patrick Dörr, Mitglied des Bundesvorstands des deutschen Lesben- und Schwulenverbandes (LSVD): „Abdelkarim war in Deutschland mehr als out, hat auf CSD-Bühnen gesprochen, im Fernsehen von seinem Fall berichtet und die Lage im Verfolgerstaat Algerien öffentlich angeprangert. Trotzdem wurde Abdelkarims Antrag zunächst mit der Begründung abgelehnt, dass er sich nach seiner Rückkehr nach Algerien durch ein heimliches Doppelleben vor Verfolgung schützen könne.“

Dass das BAMF seine Meinung geändert hat und den Folge-Asylantrag von Abdelkarim Bendjeriou-Sedjerari anerkannt hat, liegt auch an der neuen „Dienstanweisung Asyl“, einer Initiative von Bundesinnenministerin Nancy Faeser von der SPD, die seit 1. Oktober 2022 in Kraft ist. So sei bei der Gefahrenprognose im Falle der Rückkehr einer LGBTI-Person immer davon auszugehen, dass sexuelle Orientierung oder geschlechtliche Identität offen gelebt würden.

Auch alte Fälle werden nun wieder neu aufgerollt

„Diese Korrektur, ist einfach nötig gewesen“, sagt Wechterstein, Koordinator für LSBTIQ-Geflüchtete bei der Aids-Hilfe Frankfurt, dem hr. Er könne beim BAMF eine „sehr positive Entwicklung bezüglich der Dialogbereitschaft“ feststellen. Von elf Fällen, die seit der neuen Dienstanweisung in Hessen überprüft wurden, haben die queeren Geflüchteten in acht Fällen Asyl erhalten.

„Wir sind Bundesinnenministerin Faeser dankbar, dass sie diesen menschenverachtenden Logiken endlich ein Ende bereitet hat. Dass das BAMF nun auch negative Asylentscheidungen, die vor Oktober 2022 getroffen wurden, anhand der neuen Vorgaben überprüft, ist für uns ein wichtiges positives Zeichen“, meint auch Dörr.

Homosexualität ist in Algerien gesellschaftlich geächtet und wird mit bis zu drei Jahren Haft bestraft. „Das endet entweder mit einem Gefängnisaufenthalt oder im schlimmsten Fall bezahlt man mit seinem Leben“, beschreibt Bendjeriou-Sedjerari die Situation in seiner alten Heimat.

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