Samstag, 18. Mai 2024
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Neues Selbstbestimmungsgesetz: Kein Recht aufs Damenklo

In Deutschland hat die Regierung ein neues Selbstbestimmungsgesetz für trans, inter und nicht-binäre Menschen auf den Weg gebracht. Ihnen soll es nun leichter gemacht werden, amtliche Angaben zu Vornamen und Geschlecht anzupassen.

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Menschen, die sich nicht mit ihrem bei der Geburt zugeordneten Geschlecht identifizieren, sollen in Deutschland nun leichter ihren Vornamen und das Geschlecht in Dokumenten ändern können. Das Bundeskabinett hat heute den Entwurf zu einem neuen Selbstbestimmungsgesetz verabschiedet. Es soll solche Änderungen am Standesamt für trans, inter und nicht-binäre Menschen künftig deutlich einfacher machen.

Das Gesetz soll erst in mehr als einem Jahr in Kraft treten

Nun geht der Gesetzesentwurf in den Bundestag, dort wird der Gesetzesentwurf noch diskutiert und letztendlich beschlossen. Wann das Gesetz in Kraft tritt, ist allerdings noch unklar – die Regierung geht im Gesetz vom 1. November 2024 aus, also in mehr als einem Jahr.

Bis jetzt gilt in Deutschland das mehrfach als verfassungswidrig eingestufte Transsexuellengesetz aus dem Jahr 1981. Dieses sieht unter anderem vor, der Vorname und das Geschlecht von Betroffenen erst nach psychologischen Gutachten und einer gerichtlichen Entscheidung geändert werden darf. Bei den Gutachten wurden oft sehr intime und entwürdigende Fragen gestellt, deshalb haben Trans-Verbände dieses Verfahren immer wieder kritisiert.

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Drei Monate Wartezeit und Selbstauskunft sollen künftig reichen

Künftig soll eine einfache Selbstauskunft beim Standesamt ausreichen, um Vorname und Geschlecht amtlich anpassen zu lassen. Dabei kann jede volljährige Person zwischen den Einträgen „männlich“, „weiblich“, „divers“ oder „ohne Angabe“ enzscheiden. Dem aktuellen Entwurf zufolge muss die Änderung drei Monate vor der Erklärung angemeldet werden.

Bei Kindern unter 14 Jahren können Eltern die Erklärung einreichen. Jugendliche ab 14 Jahren können das mit Einverständnis der Eltern selbst machen. Bei Konflikten kann das Familiengericht die Entscheidung treffen. Das Gesetz betrifft lediglich den Verwaltungsakt am Standesamt. Medizinische Fragen, etwa die Voraussetzungen für eine Hormontherapie oder geschlechtsangleichende Operationen, behandelt das Gesetz nicht.

Das Gesetz gibt trans Frauen kein Recht auf die Damentoilette

Doch es gibt auch Stellen im Gesetz, die von der Community kritisiert werden. So soll das Outen von trans Personen gegen ihren Willen nur „bei einer absichtlichen Schädigung zukünftig bußgeldbewehrt sein“ – was allerdings in der Regel schwer nachzuweisen ist. 

Mit dem Verweis auf die Vertragsfreiheit und das Hausrecht könnte die folgenlose Diskriminierung von trans Menschen erleichtert werden. So berichtet das Online-Portal queer.de , dass in den Erörterungen betont wirdi, dass der Ausschluss transgeschlechtlicher Frauen aus bestimmten Räumen wie Frauensaunen keinen Verstoß gegen das Allgemeine Gleichstellungsgesetz darstelle. 

Der Berliner Queer-Beauftragte Alfonso Pantisano kritisiert eine Passage, in der es heißt: „Auch zukünftig können Personen nach einer Änderung des Geschlechtseintrags nicht lediglich unter Berufung auf den Eintrag im Personenstandsregister eine bestimmte Behandlung und zum Beispiel den Zugang zu geschlechtsspezifischen Toiletten oder Umkleideräumen verlangen.“

Die Bundesregierung lobt sich für den Entwurf, Konservative kritisieren ihn

Ein neues Selbstbestimmungsgesetz war im Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP vereinbart worden. Im Gegensatz zu anderen Vorhaben der Bundesregierung wird es von allen Parteien unterstützt. Es gehe „um die Freiheit und die Würde von transgeschlechtlichen Menschen. Der Staat darf sie nicht länger wie Kranke behandeln“, betont der zuständige Justizminister Marco Buschmann von der FDP.

Ein weiterer Grund für das neue Gesetz ist, dass das Bundesverfassungsgericht mehrmals entschieden hat, dass das Transsexuellengesetz dem Selbstbestimmungsrecht nicht ausreichend gerecht werde. Darauf weist auch Familienministerin Lisa Paus von den Grünen hin: „Das Grundgesetz garantiert die freie Entfaltung der Persönlichkeit und die Achtung der geschlechtlichen Identität. Trotzdem wurden die Betroffenen mehr als 40 Jahre lang durch das Transsexuellengesetz diskriminiert. Damit ist jetzt endlich Schluss.“

CDU und CSU kritisieren hingegen den Gesetzesentwurf. Zwar nehme man die Interessen aller Betroffenen ernst, das Gesetz sehe aber „eine völlige Trennung von rechtlichem und biologischen Geschlecht“ vor, kritisierte Silvia Breher, familienpolitische Sprecherin der CDU/CSU-Fraktion, gegenüber der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Eine „solche Beliebigkeit der Geschlechterzuordnung“ lehne man ab, so die Politikerin. Außerdem gefährde die Neuregelung Schutzräume, die explizit Frauen zur Verfügung stehen müssten.