Sonntag, 28. April 2024
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Kündigung nach § 209: 20.000 Euro Entschädigung für schwulen Ex-Polizisten

Weil er wegen seiner sexuellen Orientierung diskriminiert worden ist, hat ein ehemaliger Polizist vom Bundesverwaltungsgericht nun eine Entschädigung in der Höhe von 20.000 Euro zugesprochen bekommen. Für den Anwalt des Mannes ist dieser Betrag eine Farce.

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Es war im Jahr 1974, als der Revierinspektor wegen gleichgeschlechtlicher Unzucht mit Personen unter 18 Jahren – dem berüchtigten schwulenfeindlichen § 209 StGB – zu drei Monaten Kerker verurteilt wurde. Dienstrechtlich hatte die Verurteilung für den seit 13 Jahren im Dienst befindlichen Beamten eine Entlassung und eine Kürzung des Ruhegenusses um 25 Prozent zur Folge.

Das Bundesverwaltungsgericht gibt dem Mann Recht

Dagegen wehrt sich der heute 82-Jährige seit 2009 – nun gibt es eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (BVwG). Dieses stellte unter anderem fest, dass die Tat nicht strafbar gewesen wäre, wenn es um heterosexuellen oder lesbischen Sex gegangen wäre. Es wäre auch eine Disziplinarstrafe möglich gewesen, die aber viel milder ausgefallen wäre und auch die Versetzung in den Ruhestand mit gemindertem Ruhegenuss nicht gerechtfertigt hätte.

Für die erlittene Diskriminierung bekam der ehemalige Polizist deshalb eine Entschädigung in der Höhe von 20.000 Euro zugesprochen. Das entspricht einem Betrag von zwei Euro pro Tag, wie Helmut Graupner, Anwalt des ehemaligen Polizisten und Präsident des Rechtskomitees Lambda, vorrechnet. Nach Abzug aller Kosten sei die Entschädigung sogar ein Minusgeschäft.

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Die Höhe der Entschädigung ist allerdings „ein weiterer Tiefschlag“

Damit ist der Fall nicht zu Ende: Denn der ehemalige Polizist und Graupner hatten eine Entschädigung in der Höhe von 100.000 Euro gefordert. Die Entscheidung des BVwG „nach über 14 Jahren Justizkampf“ sei „ein weiterer Tiefschlag in die Magengrube“, so Graupner. Die Republik zahle diese Summe „mit einem müden Lächeln aus der Portokasse“, Graupner will deshalb erneut vor den Verwaltungs- und den Verfassungsgerichtshof gehen.

Die Causa beschäftigt die österreichische Justiz bereits seit 2009. Damals verlangte Graupner unter Verweis auf die europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) und die EU-Antidiskriminierungsrichtlinie die Nachzahlung der gekürzten Beträge und eine Entschädigung für die erlittene Diskriminierung des ehemaligen Polizisten. Das hat die Versicherungsanstalt Öffentlicher Bediensteter (BVA) damals abgelehnt, da ihrer Meinung nach dafür die Rechtsgrundlage fehle.

Seit 2009 kämpft Graupner für den ehemaligen Polizisten

Graupner kämpfte sich bis zum Verwaltungsgerichtshof (VwGH) und dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) durch. Dieser entschied schließlich 2019, dass die Kürzung der Pension eine verbotene Diskriminierung aufgrund der sexuellen Diskriminierung sei und der Betroffene deshalb zu entschädigen sei. Seit Sommer 2020 bekommt der Mann seine volle Pension, die zu Unrecht gekürzten Beträge bekam er für die Zeit ab 2003 nachträglich ausbezahlt – für die Zeit davor war bereits die Verjährung eingetreten.

Keine Einigung gab es hingegen in der Frage, ob der ehemalige Polizist auch eine Entschädigung bekommen soll. Die BVA verweigerte diese, das BVwG bestätigte diese Entscheidung zunächst. Allerdings hob sie der Verfassungsgerichtshof (VfGH) als willkürlich auf und der Fall ging zurück ans BVwG.

Keine gerechte Entschädigung nach mehr als 14 Jahren Kampf

Dort kam man am 29. August zu dem Schluss, „dass der Beschwerdeführer aufgrund seiner sexuellen Orientierung und seines Geschlechts diskriminiert wurde, was eine Demütigung des Beschwerdeführers darstellte“. Der Mann wurde persönlich beeinträchtigt, da er nicht mehr als Polizist arbeiten konnte, öffentlich geoutet wurde und sich Kolleg:innen, Freund:innen und Bekannte von ihm abwandten.

Das BVwG billigte dem Mann eine Entschädigung in der Höhe von 20.000 Euro zu – aufgrund der „extrem lange Dauer der Diskriminierung“, dem Vorliegen einer mehrfachen Diskriminierung und den „im beruflichen und privaten Umfeld bewirkten Ansehensverlust“. Die Höhe der Entscheidung sei „hinreichend abschreckend und präventiv, sodass damit ähnlich gelagerte Fälle zukünftig verhindert werden sollen und den europarechtlichen Vorgaben Genüge getan wird“, so das Gericht weiter.

Das sieht Graupner anders: „Mein Mandant ist jetzt 82 Jahre alt“, sagt er: „Nach über 14 Jahren Verfahrensdauer hat er immer noch keine gerechte Ent­schädigung erhalten.“

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