Der 23 Jahre alte Russe Gela Gogischwili und der 21-jährige Chinese Haoyang Xu haben sich über eine Dating-App kennengelernt. Seit zwei Jahren leben sie zusammen in Kazan im Südwesten Russlands. Mit ihren 370.000 Followern auf TikTok und fast 65.000 Abonnenten auf YouTube teilen sie ihr tägliches Leben als schwules Paar in Russland.
Es begann mit einer scheinbar normalen Personenkontrolle
Doch wie die Online-Ausgabe des Magazins Newsweek berichtet, wurden sie gestern, Mittwoch, gegen 13.00 Uhr Ortszeit von der Polizei angehalten. Auf den ersten Blick handelte es sich um eine Kontrolle der Personalien. Weil Xu seinen Reisepass und sein Studentenvisum nicht mithatte, wurde er auf eine Polizeistation gebracht, begleitet von seinem Partner.
Als das schwule Paar dort angekommen war, war klar, dass es nicht um einen vergessenen Ausweis ging: „Der Polizist hat uns gesagt, dass es nicht um Haoyangs Papiere geht, sondern dass wir wegen ‚Homo-Propaganda‘ angeklagt werden und Haoyang abgeschoben werden könnte“, erinnert sich Gogischwili.
Die Polizei soll das Paar schon seit März im Visier gehabt haben
Und obwohl es sich bei Verstößen gegen das „Anti-Homo-Propaganda“-Gesetz um ein Verwaltungsdelikt handelt, wurde das Paar von der Kriminalpolizei von Kazan verfolgt. „Sie wurden behandelt, als ob sie gefährliche Kriminelle wären“, berichtet Wladimir Komow von der Moskauer LGBTI-Organisation DELO LGBT+. Ihm zufolge hat die Polizei schon seit März nach dem Paar gesucht.
Die Polizei hielt die beiden Männer davon ab, einen Rechtsbeistand zu kontaktieren und drängte sie, einige Dokumente zu unterschrieben – was sie verweigerten. Es kam auf der Polizeistation zu einer Diskussion. Weil ihnen allerdings die Telefone nicht abgenommen wurden, konnten sie ihre Fans mobilisieren, auf der Wache anzurufen und die Polizisten dazu zu bringen, sie mit einem Anwalt sprechen zu lassen.
Haoyang Xu droht die Ausweisung
Gogischwili wurde schließlich aus dem Gewahrsam entlassen, doch Xu war zum Zeitpunkt der Newsweek-Recherche noch in Haft. „Die Polizei war nicht nett zu uns, aber es gab keine ernsthafte Misshandlung. Ich hoffe es bleibt so“, sagt der 23-Jährige zu Newsweek.
Er habe seinem Freund Essen und Medikamente gebracht und hoffe, die Polizisten würden sie ihm geben, so Gogischwili weiter. Wie es seinem Freund geht, weiß er nicht – ihm wurde das Telefon abgenommen. „Ich halte meine Tränen zurück, weil ich jetzt keine Zeit habe zu weinen“, sagt er. Heute muss das Paar vor Gericht erscheinen. Wird es schuldig gesprochen, droht ihnen eine Geldstrafe – und Xu die Ausweisung aus Russland innerhalb einiger Tage.
„Wie können der Informant der Polizei und die Polizei von Kazan glauben, dass es auf ihren Accounts LGBT-Propaganda gibt“, ärgert sich der Moskauer LGBTI-Aktivist Komow: „Sie haben Videos gepostet, in denen sie sich küssen, umarmen und ihre bevorzugten Schlafpositionen zeigen. Und das wurde als unangebrachte Demonstration ‚homosexueller Intimität‘ eingestuft.“