Samstag, 27. April 2024
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Lange verschollen und sehr homosexuell: Neue Texte von Marcel Proust erschienen

In vielen der Texte geht es um Homosexualität, in einem negativen Bezug

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In Frankreich sind heute bisher unbekannte Texte von Marcel Proust (1871-1922) veröffentlicht worden. Weil es darin auch um Homosexualität geht, soll der Autors des berühmten Romanzyklus „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“ darauf verzichtet haben, die Texte zu Lebzeiten zu veröffentlichen – auch, wenn er sich zu Lebzeiten durchaus zu seiner Vorliebe für Männer bekannte.

Die Manuskripte waren schon längere Zeit bekannt – nun wurden sie sortiert und aufbereitet

Auf das Erscheinen des Bandes „Le Mysterieux Correspondant et autres nouvelles inedites“ („Der mysteriöse Korrespondent und andere unveröffentlichte Novellen“) hat die Literaturwelt mit Spannung gewartet. Entdeckt wurden die Novellen und Skizzen vor längerer Zeit von Verlagsgründer Bernard de Fallois, einem anerkannten Proust-Experten.

Dieser starb im Jänner 2018.  In seinem Testament schrieb er, dass in seinem Archiv sieben Kisten mit Proust-Manuskripten lagerten. Dominique Goust, der Nachlassverwalter von de Fallois und sein Nachfolger im Verlag, beauftragte daraufhin den französischen Literaturkritiker Luc Fraisse damit, die Manuskripte zu sortieren.

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Nun ist der Band, von Fraisse herausgegeben, in den französischen Buchhandlungen zu finden. Vieles deutet darauf hin, dass Proust die nun veröffentlichten Texte ursprünglich für seinen 1896 erschienenen Erstlingsroman „Freuden und Tage“ geschrieben hat. Die nun veröffentlichten Texte habe er etwa zwei  bis drei Jahre zuvor geschrieben, erklärt Goust. Proust sei damals etwa zwanzig Jahre alt gewesen und noch „sehr sensibel“.

Warum Proust die Texte nicht veröffentlicht hat, ist nicht gesichert

Mit den Texten habe Proust seine Zeitgenossen nicht schockieren wollen, ist sich der Verleger sicher. Warum sie nicht im Roman zu finden seien, könnte Fraisse zufolge zwei Gründe haben. Der erste mögliche Grund: Er war mit den Texten, die größtenteils unvollendet geblieben sind, nicht zufrieden.

Der zweite Grund, warum die Texte im Giftschrank des Autors geblieben sein könnten: Viele der Novellen handeln von Homosexualität. Das könnte dem jungen Proust peinlich gewesen sein, vermutet Fraisse. Immerhin war die Gesellschaft zu seiner Zeit noch sehr konservativ. Auch Bernard de Fallois vermutete, dass Proust die Texte deshalb nicht veröffentlicht habe – denn dann wäre Homosexualität zum Hauptthema seines Erstlingsromans geworden.

Dem Verlag zufolge sind die bisher unbekannten Texte von Proust „eine Art Tagebuch“ des Autors, das er unter dem „transparenten Deckmantel der Fiktion“ verfasst hat. Im Gegensatz zu „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“, wo es auch immer wieder komische Momente gibt, werde das Bewusstsein für das Schwulsein hier aber „ausschließlich als etwas Tragisches, als Fluch erlebt“.

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