Keine Ahnung von der schwul-lesbischen Geschichte seiner Stadt scheint der Wiener VP-Obmann Manfred Juraczka zu haben. Er setzt in einer Aussendung die Leistungen schwul-lesbischer Pionierarbeit in Wien herab.
Konkret geht es um den „Protestwanderweg“. Das Projekt soll Stationen des Widerstands in Wien nachzeichnen – ganz bunt und unterschiedlich, wie der Protest gegen bestehende Strukturen in den letzten 150 Jahren war: von der Gründung der ersten Gewerkschaften über den Widerstand gegen die Nationalsozialisten bis zum Ambulatorium für Sexualmedizin.
Juraczka negiert schwul-lesbische Stadtgeschichte
Eine dieser Stationen: Die Rosa Lila Villa, das erste Lesben- und Schwulenhaus Wiens. Dass es auf der Liste der Proteststationen zu finden ist, empört den Wiener VP-Chef. „Bei allem Verständnis für den Ansatz der Verantwortlichen, Protestkultur sichtbar zu machen: Wer den Bestand eines privat betriebenen Lokalitätsbetriebs für Homosexuelle (…) in einem Atemzug mit dem Widerstand gegen das Hitler-Regime nennt, der verharmlost auf unzulässige Art und Weise das NS-Regime“, empört sich Juraczka in einer Presseaussendung.
Einzig: Bei der Rosa Lila Villa geht es gar nicht um den „privat betriebenen Lokalitätsbetrieb für Homosexuelle“. Denn das abbruchreife Gebäude an der Linken Wienzeile wurde 1982 als Haus für Lesben und Schwule „instandbesetzt“. Eine Gruppe von Aktivisten hat es besetzt, wieder bewohnbar gemacht und in langwierigen Verhandlungen mit der Stadt Wien vor dem Abbruch gerettet und ein Zentrum schwul-lesbischer Infrastruktur geschaffen.
Außer dem von Juraczka kritisierten Café Willendorf finden sich in der „Villa“, wie das Gebäude prägnant von der Community genannt wird, noch Beratungsstellen für Lesben, Schwule und Transgender, Gruppentreffen und selbstverwaltete Lesben- und Schwulen-Wohngemeinschaften.
Profilierungssucht auf dem Rücken von Schwulen und Lesben?
Das alles wäre mit zwei Klicks auch auf der Homepage des Protestwanderwegs nachzulesen gewesen. Der verzweifelte Versuch des Wiener VP-Obmanns ,den Kampf gegen die rot-grüne Stadtregierung nun auch auf dem Rücken von Lesben und Schwulen auszufechten, sorgt auch für Verwunderung – wollte Juraczka seine verstaubte Partei doch anfangs auch öffnen und modernisieren.