Samstag, 27. April 2024
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Zadić bestätigt Entschädigung für homosexuelle Justizopfer

Homosexuelle Menschen, die aufgrund ihrer sexuellen Orientierung strafrechtlich verfolgt wurden, bekommen eine Entschädigung. Das hat jetzt Justizministerin Alma Zadić angekündigt.

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Bis zum Jahr 2002 gab es in Österreich Sondergesetze, die vor allem schwule Männer kriminalisierten, bis 1971 waren gleichgeschlechtliche Handlungen in Österreich ganz verboten. Wer nach diesen Paragrafen nur aufgrund seiner sexuellen Orientierung verurteilt wurde, hatte bis jetzt kein Anrecht auf eine Entschädigung. Das soll sich nun ändern.

3.000 Euro für eine Verurteilung, 1.500 Jahre pro Jahr Haft

Denn mit dem Budgetbegleitgesetz wurde am Mittwoch ein entsprechendes Gesetz in den Nationalrat eingebracht, das für die Opfer der homosexuellen Sonderstrafgesetze Entschädigungszahlen vorsieht. „Ich habe versprochen, alle zu unrecht Verfolgten vollständig zu rehabilitieren und finanziell zu entschädigen. Jetzt haben wir die finanziellen Mittel bekommen“, so die Justizministerin weiter.

So sieht das Gesetz für eine Verurteilung eine Entschädigung in der Höhe von 3.000 Euro vor, für jedes angefangene Jahr Haft 1.500 Euro. Für Strafverfahren ohne Verurteilung beträgt die Entschädigung 500 Euro,  und 1.500 Euro gibt es für Personen, die im Zusammenhang mit den entsprechenden Paragrafen unter besonderen beruflichen, wirtschaftlichen oder gesundheitlichen Nachteilen zu leiden hatten. Dazu muss bis 2033 ein Antrag gestellt werden.

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„Ein wichtiges Signal für die Opfer“

Entschuldigt hat sich Justizministerin Alma Zadić von den Grünen für dieses Unrecht – als erstes Regierungsmitglied – bereits im Jahr 2020. „Die strafrechtliche Verfolgung homosexueller Menschen war ein dunkles Kapitel der Zweiten Republik“, erklärt sie jetzt auf der Kurznachrichtenplattform X, vormals Twitter. „Mit der Rehabilitierung stellt sich die Republik auf die Seite der Menschenrechte“, ergänzt Ewa Ernst-Dziedzic, Sprecherin der Grünen für LGBTIQ und Menschenrechte.

In der Community gibt es für diese Ankündigung jede Menge Lob. „Das ist ein wichtiges Signal für die Opfer, denen zusätzlich zur Strafverfolgung oft auch ihre soziale Existenz vernichtet wurde“, sagt Ann-Sophie Otte von der HOSI Wien. Dass die Republik die Betroffenen entschädige und rehabilitiere, sei „ein wirklicher Grund zur Freude und ein großer Erfolg für die HOSI Wien und die LGBTIQ-Community, die das seit vielen Jahren von der Politik gefordert haben“.

Lob auch aus der Opposition

„Es ist schön zu erleben, dass Justizministerin Alma Zadić nach ihrer 2020 erfolgten Entschuldigung bei den Strafrechtsopfern nun auch tatsächlich die Rehabilitierung und Entschädigung der Opfer homophober Strafverfolgung in die Umsetzung gebracht hat“, meint auch Michael Müller, Vereinssprecher der HOSI Linz.

Lob kommt auch aus der Opposition. „Das ist ein enormer Erfolg der Zivilgesellschaft und all jener, die nicht aufgegeben haben“, erklärt SPÖ-Gleichbehandlungssprecher Mario Lindner, der Zadić nach der Bekanntgabe im Nationalrat umarmt hat: „Mit dem vorliegenden Gesetz wird nun die jahrzehntelange Forderung der LGBTIQ-Community nach einer Aufhebung der Urteile und echten Entschädigungszahlungen endlich umgesetzt!“

„Solche Initiativen zeigen, was mit einer progressiven Mehrheit möglich wäre“

„Dieser Erfolg gebührt all jenen, die nicht aufgegeben haben und genau für diese Gerechtigkeit eingetreten sind“, so Lindner, der auch Bundesvorsitzender der sozialdemokratischen LGBTI-Organisation SoHo ist. Er gratuliert auch der Justizministerin und meint, „solche Initiativen zeigen, wo unsere Republik noch weit hinterherhinkt und was mit einer progressiven Mehrheit alles möglich wäre“.

Yannick Shetty, LGBTIQ-Sprecher der Neos, hat sich dazu noch nicht öffentlich geäußert.

Noch sind nicht alle Fragen geklärt, betont die Community

Nun kommt es auf die Details des zu beschließenden Gesetzes an – und hier hat die HOSI Wien weitere Forderungen. So sollte die Zeit, die Betroffene zu unrecht im Gefängnis gesessen sind, auf die Pension angerechnet werden, und Geldstrafen sollten – entsprechend verzinst – ebenfalls zurückbezahlt werden. „Wir erwarten, dass die Bundesregierung das in ihrem finalen Gesetzesantrag berücksichtigen wird“, so Otte.

Das Rechtskomitee Lambda (RKL) macht auch darauf aufmerksam, dass noch nicht alle Verurteilungen aufgrund dieser Paragrafen aus dem Strafregister gelöscht wurden. „Die Urteile, mit denen Personen zum Teil sogar in Anstalten für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen wurden, sind bislang nie aufgehoben worden“, heißt es in einer Stellungnahme. 

Update 20.10.: Stellungnahmen HOSI Linz und RKL, Höhe der Entschädigungen ergänzt

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