Sonntag, 12. Mai 2024
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Nach fast 45 Jahren: Mordfall an schwulem Rentner geklärt

Nach fast 45 Jahren konnte in München ein Mordfall gelöst werden: Kurz vor Silvester 1978 war ein pensionierter Buchhalter hinterrücks in seiner Wohnung erschlagen worden. Nun konnte durch einen DNA-Abgleich ein Verdächtiger festgenommen werden.

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Es war um den Jahreswechsel 1978/79, als der „Silvestermord“ München erschütterte: Der 69 Jahre alte Josef B., ein pensionierter Buchhalter, war in der Nacht auf den 31. Dezember hinterrücks im Bad seiner Wohnung erschlagen worden. 

Der Rentner lag in Unterwäsche und mit zertrümmertem Schädel in der Badewanne

Er wurde mit zertrümmertem Schädel in der Badewanne aufgefunden, wie Juliane Grotz von der Staatsanwaltschaft München I gestern, Montag, bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit der Polizei erklärte.Tatwaffe dürfte der etwa ein Kilogramm schwere Bronze-Stößel eines Mörsers sein, mit dem der Täter Josef B. Mindestens zehn Mal auf den Kopf eingeschlagen haben soll.

Gefunden wurde die blutüberströmte Leiche des pensionierten Buchhalters, der nur mit Unterwäsche bekleidet war, erst am 2. Jänner, nachdem sein Bruder und seine Schwägerin ihn nicht erreichen konnten und er auch nicht wie vereinbart zu einer Messe kam. Die Polizei brach schließlich die Wohnung auf – und fand die Leiche.

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Die Wohnung wurde durchsucht, der Täter hinterließ Spuren

In der Wohnung fehlten rund 1.400 D-Mark, die der Buchhalter kurz zuvor abgehoben hatte, ein Münzring und die Wohnungsschlüssel. Die Räume waren offensichtlich „intensiv nach Wertgegenständen“ durchsucht worden, so Stephan Beer, der Leiter der Münchner Mordkommission, auf der Pressekonferenz. Den Ring fand man einige Tage später auf einer Baustelle in der Nähe des Hauptbahnhofs.

Auf der Tatwaffe habe man Fingerabdrücke gesichert, auch konnten DNA-Beweise gefunden werden – etwa ein Haar und Körperflüssigkeit des Tatverdächtigen im Bett des Opfers. Gesucht wurde der Täter vor allem unter den Münchner Sex-Arbeitern, die Josef B. am Hauptbahnhof oder im Stachus-Untergeschoß traf und mit in seine Wohnung im Stadtteil Giesing genommen hatte. 

Nach mehr als 40 Jahren lieferte der DNA-Abgleich einen Treffer

Mehr als vier Jahrzehnte später kann die Polizei einen Ermittlungserfolg vorweisen. Im Zuge der „Altfallermittlung“ wurden DNA-Spuren untersucht – und lieferten bereits im März einen Treffer. Sie konnten einem heute 70 Jahre alten Briten zugeordnet werden, der damals als Student ein halbes Jahr auf einer Baustelle in München gejobbt haben soll. Er soll bereits vor einigen Jahrzehnten in Großbritannien wegen Raubes verurteilt worden sein.

Wegen des Brexit sei das Auslieferungsverfahren komplizierter gewesen als vorher, erklärte die Staatsanwältin. Doch seit April sitzt der Tatverdächtige, ein geschiedener Rentner, in Bayern in Untersuchungshaft. Der Mann habe sich widerstandslos festnehmen lassen und habe die Vorwürfe gegen ihn „sehr regungslos aufgefasst“, so Beer. Dazu geäußert habe er sich bis jetzt noch nicht.

Bereits damals soll nach Zeugenaussagen nach einem unbekannten jungen Engländer gefahndet worden sein. Eine Zeugin hatte den pensionierten Buchhalter kurz vor dessen Tod mit einem etwa 20 Jahre alten Burschen in seine Wohnung gehen sehen.

Die Staatsanwaltschaft sieht drei Mordmotive erfüllt

Die Staatsanwaltschaft geht in dem Fall von Mord aus – der im Gegensatz zu Totschlag nicht verjährt. Der Staatsanwältin zufolge sei die Tat vorsätzlich begangen worden. Weil der Täter die Wehrlosigkeit seines Opfers im Badezimmer ausgenutzt habe, sei auch das Tatmotiv der Heimtücke erfüllt. Und weil der Verdächtige sein Opfer nach der Tat ausgeraubt hat, treffe auch das Mordmotiv Habgier zu, ist sich Oberstaatsanwältin Grotz sicher.

Folgt das Schwurgericht München I der Anklage, kann der mutmaßliche Täter hier verurteilt werden. Ihm droht eine lebenslange Haftstrafe. Als britischer Staatsbürger kann er die Strafe aber in England absitzen. Termine für die Hauptverhandlung stünden noch nicht fest.