Samstag, 27. April 2024
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Schwule und lesbische Paare nicht anerkannt: EGMR verurteilt Polen

Polen hat gegen das Recht auf Achtung des Privatlebens verstoßen, weil es gleichgeschlechtlichten Paaren keine Anerkennung ermöglicht. Das hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in einem am Dienstag veröffentlichten Urteil festgestellt.

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Es ist ein deutliches Urteil, das die Richter:innen des EGMR in Straßburg gesprochen haben: „Der Gerichtshof ist der Auffassung, dass der polnische Staat seiner Pflicht nicht nachgekommen ist, den Antragstellern einen spezifischen Rechtsrahmen zu bieten, der die Anerkennung und den Schutz ihrer gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften gewährleistet“, heißt es in der Urteilsbegründung.

Fünf gleichgeschlechtliche Paare aus Polen hatten geklagt – und gewonnen

Geklagt hatten fünf gleichgeschlechtliche Paare aus Polen, die vergeblich versucht haben, in polnischen Standesämtern zu heiraten. „Dieses Versäumnis hat dazu geführt, dass die Kläger nicht in der Lage waren, grundlegende Aspekte ihres Lebens zu regeln“, so die Richter:innen. Sie verwiesen auch auf Nachteile in den Bereichen Steuern, soziale Rechte und Familienrecht.

Der Fall geht noch auf die Regierungszeit der nationalistischen Partei „Recht und Gerechtigkeit“ (PiS) zurück, die am Montag nach acht Jahren beendet wurde. Diese war der Ansicht, dass die Ausweitung der Ehe und der Adoption auf schwule und lesbische Paare die traditionellen Familienstrukturen bedrohe und schädlich für Kinder sei.

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Das Gericht zerriss die Begründung der PiS-Regierung

Doch das sieht der EGMR anders. „Es besteht kein Grund zur Annahme, dass die rechtliche Anerkennung und der Schutz gleichgeschlechtlicher Paare an sich traditionell gegründeten Familien schaden könne“, so die Richter:innen.

Für den neuen polnischen Premierminister Donald Tusk ist die Entscheidung aus Straßburg ein deutliches Signal, die derzeitige Rechtslage zu ändern. Er hatte bereits während des Wahkampfs angekündigt, die Eingetragene Partnerschaft für schwule und lesbische Paare bald in Polen einzuführen.

Nun hat das Thema für Donald Tusk endgültig Priorität

Als Zeichen dafür, dass es der pro-europäischen Regierung unter Tusk mit diesen Themen ernst ist, wird es im Kabinett das erste Mal mit Katarzyna Kotula, eine Politikerin der Neuen Linken, eine Ministerin für Gleichstellung geben.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hatte in diesem Jahr bereits Russland, Rumänien, Bulgarien und die Ukraine in vergleichbaren Fällen verurteilt. Er ist eine Institution des Europarates, nicht der Europäischen Union, und entscheidet auf Basis der Europäischen Menschenrechtskonvention.

Die Urteile des EGMR sind für die Mitglieder des Europarats eigentlich verbindlich. Einige Länder ignorieren sie aber – und das Gericht selbst hat keine Sanktionsmöglichkeiten.

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