Samstag, 27. April 2024
HomePolitikEuropa"Ich habe den Biss nicht mehr": Michael Roth kündigt Rückzug aus der...

„Ich habe den Biss nicht mehr“: Michael Roth kündigt Rückzug aus der Politik an

Einer der profiliertesten schwulen Politiker Deutschlands wirft das Handtuch: Nachdem er sich vom Politikbetrieb entfremdet hat, wird der SPD-Abgeordnete Michael Roth nicht mehr für den Bundestag kandidieren.

Meistgelesen

Neu auf GGG.at

Michael Roth, derzeit Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses des Deutschen Bundestages, wird sich nach der Wahl 2025 aus der Politik zurückziehen. Das hat der offen schwule SPD-Abgeordnete nun in einem Interview mit dem Magazin Stern verkündet.

„Bis zur Bundestagswahl mache ich noch. Danach bin ich raus.“

„Als Politiker muss man sich ohnehin alle vier Jahre fragen, ob man noch will, noch kann, noch darf. Und ich will nicht mehr“, so der 53-Jährige: „Bis zur Bundestagswahl mache ich noch. Danach bin ich raus.“ Für ihn sei es immer klar gewesen, dass er nicht als Abgeordneter in Pension gehen würde.

Er begründet seine Entscheidung damit, dass er sich von seiner Partei und dem Politikbetrieb schleichend entfremdet habe. „Ich habe den Biss nicht mehr. Ich spüre eine innere Distanz zum Betrieb. Jetzt ist mal Schluss mit Politik. Das ist ein gutes Gefühl“, sagt er dem Magazin.

- Werbung -

Der leidenschaftliche Sozialdemokrat beklagt eine Entfremdung mit seiner Fraktion

Auch gebe es eine wachsende Distanz zu seiner Partei: „Ich bin leidenschaftlicher Sozialdemokrat, wollte ja auch mal Vorsitzender der SPD werden. Aber im letzten Jahr habe ich gemerkt, dass ich mit unseren Sitzungen immer mehr fremdele, dass mich die Gremien stören, die Stimmung darin. Wenn die Tür zum Fraktionssaal aufging, hatte ich zuletzt den Eindruck, ich steige in einen Kühlschrank.“

Ein Grund dafür: Während SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich bei militärischer Hilfe für die Ukraine auf der Bremse steht, unterstützt Roth von Anfang an das von Russland angegriffene Land. Das sorgte in der Fraktion für Konflikte. „Und als ich kurz nach Kriegsausbruch in das Land reiste, grüßten mich manche in der Fraktion nicht einmal mehr“, erinnert sich der 53-Jährige.

Wegen Erschöpfung war Roth schon 2022 kurz aus dem Politbetrieb ausgestiegen

Selbstkritisch sieht Roth bei der Entfremdung mit der eigenen Fraktion auch eine eigene Mitverantwortung. „Ich habe öffentlich viel für meine Positionen gekämpft, das Gespräch mit Kollegen dafür vernachlässigt“, gibt er zu.

In dem Interview spricht Roth auch offen über die Härte des Politikbetriebs, den er 2022 wegen einer mentalen Erschöpfungen für ein paar Monate pausieren ließ. Wer heute Spitzenpolitik betreibe, müsse sich fast komplett aufgeben. „Das ist brutal. Spitzenpolitiker müssen heute jeden Tag einfach nur überleben.“

Seit 1998 sitzt Michael Roth für die SPD im Bundestag

Michael Roth sitzt für die SPD seit 1998 im Bundestag. Von 2013 bis 2021 war er Staatsminister für Europa im Auswärtigen Amt, von 2014 bis 2021 auch Beauftragter der Bundesregierung für die deutsch-französische Zusammenarbeit. Seit 2021 ist er Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag.

In dieser Zeit hat er sich mehrfach für die Rechte queerer Menschen eingesetzt, etwa bei der Verabschiedung eines Gesetzes gegen „Homo-Propaganda“ im EU-Mitgliedsstaat Ungarn. Dafür bekam er auch aus der Community Anerkennung.

Privat ist er seit Jahren in einer Beziehung mit Michael Klöppner, mit dem er 2012 eine Eingetragene Lebenspartnerschaft eingegangen ist.

WordPress Cookie Plugin von Real Cookie Banner