Mittwoch, 15. Mai 2024
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Bis zu 15 Jahre Haft: Irak stellt Homosexualität unter Strafe

Im Irak hat das Parlament ein Gesetz verabschiedet, das unter anderem für schwule und lesbische Beziehungen langjährige Haftstrafen vorsieht. Um Probleme beim Beschluss zu verhindert, wurde damit gewartet, bis der Premierminister seinen Besuch in den USA beendet hatte.

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Das irakische Parlament hat am Samstag ein Gesetz verabschiedet, das gleichgeschlechtliche Beziehungen mit 10 bis 15 Jahren Haft bestraft. Auch trans Personen, die sich einer geschlechtsangleichenden Operation unterziehen, nicht-binäre oder genderfluide Menschen können nach dem neuen Gesetz für ein bis drei Jahre ins Gefängnis geschickt werden. 

Bis jetzt war Homosexualität im Irak legal

Bis zur Gesetzesänderung war Homosexualität im Irak legal – auch, wenn die sehr unscharf definierten Moralgesetze dafür genutzt wurden, queere Menschen zu verfolgen. Unterstützt wurde das Gesetz hauptsächlich von konservativen schiitischen Parteien, die im irakischen Parlament die Mehrheit haben.

Bei dem Gesetz handelt es sich um die Änderung eines Gesetzes gegen Prostitution aus den frühen 1980er Jahren. Der ursprüngliche Änderungsentwurf hatte sogar die Todesstrafe für gleichgeschlechtliche Beziehungen vorgesehen. Dieser Plan wurde aber nach Widerstand der USA und anderer westlicher Länder aufgegeben.

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Sieben Jahre Haft für Ärzte, die geschlechtsangleichende Operationen durchführen

Mindestens sieben Jahre Haft gibt es nach dem neuen Gesetz auch für jene, die Homosexualität oder Prostitution „fördern“, für Ärzte, die geschlechtsangleichende Operationen durchführen, für Männer, die sich „absichtlich“ wie Frauen verhalten, und Personen, die sich am „Frauentausch“ beteiligen.

Mit der Verabschiedung des Gesetzes wurde gewartet, bis der irakische Premierminister Mohamed Shia al-Sudani von seiner USA-Reise Anfang April zurückgekommen war. „Wir wollten den Besuch nicht beeinträchtigen“, sagte der Abgeordnete Raed al-Maliki, der den Entwurf eingebracht hatte, gegenüber der Nachrichtenagentur AFP. 

Es handle sich bei dem Gesetz um eine „interne Angelegenheit, und wir akzeptieren keine Einmischung in irakische Angelegenheiten“, fügte der Abgeordnete hinzu.

Bereits jetzt müssen queere Menschen im Irak Folter und Mord fürchten

Menschenrechtsgruppen haben das Gesetz bereits als „weiteren schwarzen Fleck auf der irakischen Bilanz der Menschenrechts-Verletzungen gegenüber LGBT-Personen“ bezeichnet. Denn queere Menschen sind schon lange im Visier der irakischen Behörden. Bis jetzt wurden auch andere Sittengesetze herangezogen, um sexuelle Minderheiten zu verfolgen.

Außerdem haben Human Rights Watch (HRW) und andere Menschenrechtsorganisationen mehrere Fälle öffentlich gemacht, in denen queere Menschen im Irak von bewaffneten Gruppen und Einzelpersonen entführt, gefoltert, vergewaltigt oder ermordet wurden. Bei einer groß angelegten Razzia im Jahr 2009 sind nach Informationen von HRW wahrscheinlich hunderte Menschen getötet worden.

Das neue Gesetz ist für LGBTI-Hasser ein Freibrief für Gewalt

Und auch die queere Community im Irak ist in Angst. Amir Ashour, Leiter von IraQueer, sagte der Nachrichten-Website Middle East Eye , das Gesetz werde es der irakischen Regierung ermöglichen, „legal mit Mord davonzukommen und bewaffneten Gruppen und anderen Kriminellen, die weiterhin LGBTQ+-Bürger ins Visier nehmen, rechtlichen Schutz zu bieten“. Das Gesetz werde die Community um Jahre zurückwerfen.

Er sagte, das Gesetz ziele nur darauf ab, von den anderen Problemen abzulenken, mit denen der Irak derzeit konfrontiert sei – wie etwa Arbeitslosigkeit, Korruption und das anhaltende Fehlen einer funktionierenden Regierung. „Sie haben das mangelnde Wissen der Öffentlichkeit über LGBTQ+-Identitäten ausgenutzt, indem sie vorgegeben haben, gegen die ‚wirklichen Probleme‘ des Irak zu kämpfen“, so Ashour.

Für Unterstützer des Gesetzes ist es „ein bedeutender Schritt im Kampf gegen sexuelle Abartigkeit“

Unterstützer:innen des Gesetzes entgegnen, dass es dazu beitragen werde die „religiösen Werte des Landes“ zu wahren. Der Abgeordnete Amir al-Maamouri erklärte etwa am Samstag gegenüber Shafaq News, es sei „ein bedeutender Schritt im Kampf gegen sexuelle Abartigkeit angesichts des Eindringens von Einzelfällen, die den islamischen und gesellschaftlichen Werten widersprechen“.

Doch dem widerspricht ein hochrangiger Diplomat gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters: „Es wäre schwer zu rechtfertigen, mit einem solchen Staat im eigenen Land eng zusammenzuarbeiten“, so der Mann, der anonym bleiben möchte, Das Gesetz würde die internationalen Beziehungen des Iraks wahrscheinlich erschweren, es hätte „katastrophale Folgen für unsere bilateralen Geschäfts- und Handelsbeziehungen“.