Donnerstag, 16. Mai 2024
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IOC-Studie macht klar: Kein genereller Startvorteil für trans Sportlerinnen

Trans Frauen haben keinen generellen Vorteil, wenn sie bei Frauen-Sportbewerben antreten. Das ist das Ergebnis einer Studie des IOC. In einigen Bereichen haben sie gegenüber cis Frauen sogar einen Nachteil.

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Es ist eines der emotionalsten Themen, die es derzeit in der Sportwelt gibt: Dürfen trans Athletinnen bei Frauenbewerben mitmachen, oder haben sie dort einen unfairen Vorteil? Glaubt man rechten Aktivist:innen, werden cis Frauen bei solchen Wettbewerben benachteiligt. In etlichen US-Bundesstaaten sind sie deshalb von Wettbewerben ausgeschlossen.

Das IOC wollte harte Fakten statt Stimmungsmache

Belastbares Zahlenmaterial gibt es zu diesem Thema noch wenig – deshalb hat das Internationale Olympische Komitee (IOC) dazu eine Studie in Auftrag gegeben, die vor kurzem im British Journal of Sports Medicine veröffentlicht wurde. Sie zeichnet ein vielschichtigeres Bild – und zeigt, dass trans Sportlerinnen in einigen Bereichen sogar unterlegen sein könnten.

So schnitten trans Frauen bei der Messung der Kraft des Unterkörpers, der allgemeinen Fitness oder der Lungenfunktion schlechter ab als cis Frauen. Die Knochendichte, die mit der Muskelkraft zusammenhängt, sowie das Hämoglobinprofil waren bei trans und cis Frauen vergleichbar. Im Vergleich zu cis Männern hatten trans Frauen mehr Fettmasse und eine geringere Griffkraft.

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Kein genereller Vorteil, auch nicht bei später Geschlechtsanpassung

Auch bei trans Frauen, bei denen das Geschlecht erst nach der Pubertät angepasst wurde, gibt es keinen generellen Vorteil: Sie seien zwar durchschnittlich größer gebaut, müssen aber „das große Skelett mit einem kleineren Motor betreiben“, wie es Yannis Pitsiladis, Mitautor der Studie, in der New York Times ausdrückt.

Als Beispiel nannte der Wissenschaftler Volleyball. Trans Frauen könnten dort nach der Geschlechtsanpassung weniger gut springen und blocken. „Sie werden feststellen, dass ihre Leistung weniger gut ist“, so Pitsiladis.

Schon bisherige Studien kamen zu ähnlichen Ergebnissen

Die Autor:innen der Studie machen allerdings darauf aufmerksam, dass die Stichprobe mit 75 Teilnehmenden recht klein ist. Insgesamt untersuchten sie 19 cis Männer, 12 trans Männer, 23 trans Frauen und 21 cis Frauen, von denen alle entweder aktiv Leistungssport betrieben oder mindestens drei Mal pro Woche trainierten.

Bereits im Jahr 2021 war – ebenfalls im British Journal of Sports Medicine – eine Studie veröffentlicht worden, die zu dem Ergebnis kam, dass sich die Leistungsfähigkeit von trans Frauen nach zwei Jahren der von cis Frauen angleiche.

Ernährung und Training wichtiger als Größe der Lunge oder Testosteronwert

Auch eine kürzlich veröffentlichte Meta-Studie, die sich die gesamte englischsprachige Literatur zu trans Sportler:innen der Jahre 2011 bis 2021 vorgenommen hatte, kommt zu ähnlichen Ergebnissen wie denen der vom IOC finanzierten Studie.

Diese kam zu dem Schluss, dass biomedizinische Faktoren – wie etwa die Größe der Lunge oder der Winkel zwischen Hüfte und Kniegelenk – genausowenig ein Indikator für die sportliche Leistungsfähigkeit sind wie der Testosteronspiegel. Viel wichtiger seien hingegen soziale Faktoren wie Ernährung, Trainingsprogramm und die Ausrüstung.

Das IOC überlässt es derzeit weitgehend den einzelnen Sportverbänden, wie sie mit trans Sportler:innen in Frauenbewerben umgehen wollen. Derzeit dürfen trans Frauen etwa bei Schwimmbewerben oder Rugbyturnieren für Frauen generell nicht teilnehmen.