Dienstag, 19. März 2024
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Trotz Selbstmordgefahr: Österreich schiebt schwulen Flüchtling ab

Die LGBT-Flüchtlingsorganisation "Queer Base" zweifelt an der Rechtmäßigkeit der Abschiebung

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Die österreichischen Behörden haben vor wenigen Tagen einen schwulen Asylwerber aus Algerien abgeschoben – nun fürchtet dieser um sein Leben, berichtet die österreichische Tageszeitung Der Standard.

In Italien könnte sein Bruder auf ihn warten, um ihn zu töten

Der 29-Jährige wurde nach Informationen der Zeitung in der letzten Woche nach Italien abgeschoben. Da er dort zum ersten Mal EU-Boden betreten hat, ist nach den Dublin-Regelungen auch Italien für seinen Asylantrag zuständig. Da er dort allerdings auch seinen Bruder vermutet, hat er jetzt Angst um sein Leben.

Der 29-Jährige kam im Februar 2017 nach Österreich. Davor hatte er eine wahre Odyssee hinter sich. Aus Angst, von seiner Familie umgebracht zu werden, flüchtete er von Algerien nach Libyen. Dort geriet er in ein Lager, in dem er gefoltert und vergewaltigt wurde. Wegen der Folgen dieser Misshandlungen musste er in Wien operiert werden.

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Von der eigenen Familie verfolgt, im Lager gefoltert und vergewaltigt

Auch psychisch sei der Algerier sehr angeschlagen, erklärt Marty Huber von Queer Base, einer Hilfsorganisation für LGBT-Flüchtlinge. Weil er sich nach dem Abschiebebescheid alle 48 Stunden bei der Polizei melden musste, habe er Panikattacken gehabt. Immer öfter hatte er Selbstmordgedanken, ließ sich schließlich in eine psychiatrische Klinik einweisen. „Er war sechs Wochen dort und hat mehrmals versucht sich zu töten“, so Huber gegenüber dem Standard.

Eigentlich sei Österreich menschenrechtlich verpflichtet gewesen, in das Asylverfahren einzutreten, ist Huber überzeugt. Doch stattdessen setzten ihn die zuständigen Beamten letzten Mittwoch ins Flugzeug nach Sizilien.

Kurz davor hat Marty Huber ihren Schützling noch gesehen. „Sie hatten ihm das eigene Gewand weggenommen. Dafür trug er einen Overall aus papierähnlicher Zellulose. So wollten sie einen weiteren Suizidversuch verhindern“, erinnert sie sich. Im Innenministerium will man den Fall selbst nicht kommentieren – man bestätigt aber, dass eine solche Kleidung „im Rahmen der Suizidprävention eine mögliche Option“ sei.

Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Abschiebung

Dass der Abtransport des 29-Jährigen rechtlich gedeckt sei, bezweifelt Huber. Denn die Behörden haben sechs Monate Zeit, um einen Flüchtling nach einem negativen Bescheid abzuschieben. Diese Frist war bereits verstrichen. Das Argument der Behörden, der Mann sei bereits in Haft gewesen, als die Frist abgelaufen ist, und sie sich deshalb auf zwölf Monate verlängerte, lässt die Queer-Base-Aktivistin nicht gelten. „Er ist unbescholten. Als die Frist verstrich, befand er sich im Spital“, erklärt sie.

Am Montag hat sich der Algerier zum ersten Mal aus Sizilien bei Queer Base gemeldet. Wie es mit ihm weitergeht, bleibt offen.

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