Freitag, 26. April 2024
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Europagericht: Homosexualität muss Asylgrund sein

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Schwule und lesbische Flüchtlinge haben Anspruch auf Asyl, wenn ihnen wegen ihrer sexuellen Orientierung in ihrem Heimatland eine Haftstrafe droht. Das entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH) am Donnerstag in Luxemburg. Es könne von Homosexuellen nicht verlangt werden, dass sie ihre sexuelle Orientierung geheim hielten, so das Höchstgericht weiter.

Niederlande: Kein Asyl, weil versteckt leben sicher sei

Geklagt hatten drei schwule Männer aus Sierra Leone, Uganda und dem Senegal. In ihren Heimatländern steht Homosexualität unter Strafe, trotzdem wurden sie nicht als Flüchtlinge anerkannt. Die niederländischen Behörden waren der Meinung, die Männer seien in ihrer Heimat nicht in Gefahr, wenn sie ihren Lebenswandel änderten.

Dagegen hatten sie geklagt. Das höchste Gericht der Niederlande, der Staatsrat, hat den EuGH um eine Vorabentscheidung gebeten. Und die fiel zugunsten der drei Männer aus: Homosexuelle seien eine „soziale Gruppe“ im Sinn der Genfer Flüchtlingskonvention, so das Europa-Gericht. Denn die sexuelle Orientierung sei so bedeutend für die Identität eines Menschen, dass er nicht gezwungen werden sollte, auf sie zu verzichten. Die Meinung der niederländischen Asylbehörde sei also eine unzumutbare Verletzung der Menschenwürde.

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Gibt es also Gesetze, die Homosexualität bestrafen, müssten Lesben und Schwule also als „soziale Gruppe“ angesehen werden, „die von der sie umgebenden Gesellschaft als andersartig betrachtet wird“ – so der EuGH.

Tatsächliche Verfolgung muss gegeben sein

Dass in den entsprechenden Ländern Strafen im Gesetz stehen, reicht aber nicht, um als Homosexueller Asyl in der EU zu bekommen. Das Gericht stellte fest, dass EU-Mitgliedsstaaten erst dann Schutz vor Verfolgung gewähren müssen, wenn diese Strafen auch tatsächlich verhängt werden.

Und auch, wenn das Urteil des EuGH erfreulich ist: Im Detail hat es einige Schwächen. So ist es kein Grundsatzurteil – jeder Fall muss weiter einzeln in den Mitgliedsstaaten verhandelt werden. Auch geht der EuGH nicht auf indirekte staatliche Verfolgung durch Repressionen oder ein homosexuellenfeindliches Klima ein.

FPÖ poltert, Grüne und NEOS loben Entscheidung

Kritik an dem Urteil kommt in Österreich wenig überraschend von der FPÖ. Für Generalsekretär Harald Vilimsky sei es „absolut inakzeptabel“, da die sexuelle Orientierung „natürlich weitaus einfacher vorzutäuschen“ sei als „tatsächliche politische Verfolgung“.

Doch da dürfte Vilimsky wenig Ahnung von der tatsächlichen Praxis haben. Der offen schwule Bundesrat Marco Schreuder von den Grünen erklärt, dass Schwule und Lesben in der Regel bereits jetzt in Österreich Asyl wegen ihrer sexuellen Orientierung bekommen, wenn sie in ihrem Heimatland verfolgt werden. Das Urteil des EuGH gebe Rechtssicherheit: „Denn ob Homosexuelle eine soziale Gruppe darstellen oder nicht kann jetzt nicht mehr angezweifelt werden. Das ist enorm wichtig“, betont Schreuder.

Und auch Nikolaus Scherak, Menschenrechtssprecher von NEOS-LIF, begrüßt die Entscheidung des EuGH. „Gut, dass der EuGH hier klar Position bezogen hat. Selbstverständlich müssen Menschen, die aufgrund ihrer sexuellen Orientierung in ihrem Heimatland verfolgt werden, den Schutz bekommen, der notwendig ist.“, macht er die Position seiner Partei klar.

Freude auch in Deutschland und der Schweiz

Auch in unseren Nachbarländern wird das Urteil mit Wohlwollen aufgenommen: Der Deutsche Lesben- und Schwulenverband (LSVD) begrüßt die Entscheidung des EuGH. „Die Urteile machen deutlich, dass Lesben und Schwulen europaweit die gleichen Rechte zustehen. Die europäischen Staaten sind aufgerufen, dafür zu sorgen, dass die EU auch für Lesben und Schwule ein Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts ist“, heißt es in einer Stellungnahme.

In der Schweiz erklären sämtliche großen schwul-lesbischen Gruppen in einer gemeinsamen Medienmitteilung, dass auch das Schweizer Bundesamt für Migration sich an diesem Urteil orientieren sollte. Denn auch in der Schweiz wurden Gesuche von homosexuellen Asylsuchenden immer wieder mit der Begründung abgelehnt, die betroffene Person hätte kaum etwas zu befürchten, so lange sie in ihrem Heimatland ihre sexuelle Orientierung versteckt. „Das Urteil des EuGH verwirft diese Argumentation nun in aller Deutlichkeit“, machen Schweizer Lesben- und Schwulenaktivisten nun klar.

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