Samstag, 27. April 2024
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Queere Chirurgin abgelehnt: Vorwürfe gegen „Ärzte ohne Grenzen“

Schwere Diskriminierungsvorwürfe erhebt eine angesehene und engagierte Chirurgin gegen „Ärzte ohne Grenzen“. Sie wollte sich bei der Hilfsorganisation engagieren, wurde aber abgelehnt - sie vermutet, weil sie eine Beziehung mit einer Frau hat.

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Mariam Vedadinejad gehört zu jenen Chirurg:innen, in deren Hände man sich gerne begibt: Erst vor kurzem hat die Oberärztin eines Wiener Spitals erfolgreich Fußballerlegende Toni Polster operiert. Doch nun wurde ihr humanitäres Engagement gebremst – ihrer Vermutung nach, weil sie queer ist. 

Die erfahrene Chirurgin will in Krisengebieten helfen – und darf nicht

Vedadinejad, die sich auch für Frauenrechte und Gleichberechtigung einsetzt, wollte sich bei „Ärzte ohne Grenzen“ engagieren und auch in Krisengebieten helfen. Erfahrung hat die gebürtige Niederösterreicherin in diesem Bereich: In Kooperation mit einer US-Hilfsorganisation hat sie Schilddrüsen-Operationen in Indien durchgeführt.

Das Bewerbungsgespräch verlief normal – bis zu der Frage wie ihre Familie damit umgehen würde. „Und da habe ich ganz normal, wie jeder andere Mensch, über meine Beziehung gesprochen – die mit einer Frau ist“, erinnert sie sich gegenüber dem Ö1-Mittagsjournal.

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Auf einmal ging es im Bewerbungsgespräch nur mehr um ihr Privatleben

Ab diesem Zeitpunkt, erzählt die Ärztin, sei der Fokus in dem Gespräch auf ihrem Privatleben gelegen. Schließlich kam eine telefonische Absage: „[Ich] wurde dann von dieser Person angerufen, und die meinte dann: ‚Wissen sie, ihre Homosexualität und ihre feministischen Ansichten – gut und lobenswert, aber sie müssen schon wissen, dass sie da in unterschiedlichen anderen Kulturen sind, wo größtenteils Männer öffentlich unterwegs sind.‘“

Für Vedadinejad war das „eine eigenartige Konstellation, meine Nichtaufnahme zu erklären“. Offiziell abgelehnt wird die erfahrene Medizinerin wegen mangelnder Management-Erfahrungen. Sie wendet sich daraufhin an die Gleichbehandlungsanwaltschaft. Der gegenüber weist „Ärzte ohne Grenzen“ alle Vorwürfe zurück, es steht Aussage gegen Aussage. 

„Möglichen blinden Flecken“ möchte die Organisation „proaktiv begegnen“

Erst gegenüber dem ORF gibt die Hilfsorganisation – sehr allgemein formuliert – mögliche Fehler zu. Man sei sich bewusst, „dass wir alle, auch als Organisation,] immer kontinuierlich lernen und uns weiterentwickeln müssen. Oftmals liegen Herausforderungen in kleinen Details, die Menschen, die einer Mehrheit angehören, nicht immer automatisch im Blick haben. Möglichen blinden Flecken möchten wir daher proaktiv begegnen.“

Gegen „Ärzte ohne Grenzen“ will Mariam Vedadinejad nicht weiter vorgehen. Ihr sei es wichtig, das Problem aufzuzeigen – zumal es in Österreich für Angehörige sexueller Minderheiten nach wie vor kein umfassendes Anti-Diskriminierungsgesetz gibt. 

Dazu passt auch das Ergebnis einer aktuellen Studie der EU-Grundrechtsagentur (FRA): Demnach geben ein Viertel aller befragten Menschen an, ihre Homosexualität am Arbeitsplatz zu verheimlichen. Von denen, die geoutet sind, gibt ein Viertel an, bereits Diskriminierung erlebt zu haben.

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