Samstag, 27. April 2024
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Mädchen in Uniform und Frauen auf Beziehungssuche: Die queeren Filme der Diagonale

Am Donnerstag startet in Graz die Diagonale, das wichtigste Festival für den österreichischen Film. Insgesamt 195 Filme werden dieses Jahr an der Mur gezeigt - darunter viele Österreich- und Weltpremieren. Und auch einige queere Highlights gibt es in diesem Jahr.

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Wenn es um den österreichischen Film geht, ist die Diagonale in Graz wohl die erste Adresse. Insgesamt werden 195 Filmproduktionen zu sehen sein, davon 84 als Österreich- oder Weltpremieren. Die ganze Stadt wird zum Filmfestival, neben den Filmen gibt es abwärts der Leinwände auch ein umfangreiches Rahmenprogramm.

Teil der Diagonale sind aber auch dieses Jahr einige queere Kino-Highlights. Von Lesben in ihren Fünfzigern bis zu Klassikern der queeren Filmgeschichte bietet das Festival des österreichischen Films jede Menge interessanter Filme.

„What a Feeling“: Zwei Publikumslieblinge als ungleiches Liebespaar

Zwei Publikumslieblinge als lesbisches Paar gibt es in „What a Feeling“ zu sehen, dem neuen Film von Kat Rohrer. Caroline Peters und Proschat Madani spielen die Hauptrolle in dieser romantischen Komödie aus dem Wien der Gegenwart. Peters spielt dabei die Ärztin Marie Theres, die in ihren Fünfzigern von ihrem Mann verlassen wird und zwischen Trennungsschock und Rotweinexzess in die Pussy Cat Bar, eine Lesbenkneipe, stolpert.

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Dort trifft sie Fa, gespielt von Madani: Eine bindungsscheue Iranerin, die gemeinsam mit ihren Geschwistern einen Installateurbetrieb leitet. Zwischen den beiden Frauen bahnen sich Gefühle an, die dazu führen, dass beide über ihren Schatten springen müssen. Es entsteht eine Liebesgeschichte, die Kat Rohrer in ihrem ersten Spielfilm mit psychologischem Feingefühl und einem entscheidenden Schlag ins Sentimentale inszeniert.

Zusätzlich zum Film gibt es am Samstag, dem 6. April, auch einen Diagonale „Nachspann“ mit Regisseurin Kat Rohrer und Hauptdarstellerin Proschat Madani, die im Gespräch mit Filmwissenschaftlerin Nicole Kandioler über Queer Cinema in Österreich zwischen Mainstream und Nischendasein reden.

What a Feeling

Freitag, 05.04., 19:15, Schubertkino 1 (ausverkauft)
Samstag, 06.04., 13:30, KIZ Royal 1 (ausverkauft)
Ab 19. April österreichweit in den Kinos

Ein selbstironischer Blick auf die Kunstschickeria in „Asche“

Am 6. April unternimmt die Diagonale mit dem queer-feministischen Independent-Film „Asche“ von Elena Wolff einen Blick auf die Lebenswelt der Wiener Kunstschickeria. Episodisch erzählt der Film von drei Liebespaaren und einem Außenseiter, von Alphamännern und Musen, von Einsamkeit und vom Drang nach Selbstverwirklichung. 

Eines der Paare: Élise und Emilia. Sie leben scheinbar harmonisch zusammen, ihre Beziehung droht jedoch an gegensätzlichen Vorstellungen von Nähe zu zerbrechen. Die Sinnsuche der Charaktere führt über Partys, Vernissagen und Performances in eine trostlose WG-Küche. Es wird viel diskutiert: über Beziehungsformen, Liebe, Eifersucht – und vor allem über Kunst.

Elena Wolff, die neben Regie, Buch und Kostüm auch eine der Hauptrollen übernommen hat, ist mit „Asche“ ein schonungslos selbstironisches queer-feministisches Stück Independent-Kino aus Österreich gelungen.

Asche

Samstag, 06.04., 20:00, KIZ Royal 1 (ausverkauft)
Sonntag, 07.04., 14:00, Annenhof Kino 6 (ausverkauft)

Bis ans Ende der Nacht

Einen besonderen Schwerpunkt legt die Diagonale dieses Jahr auf das Werk von Christoph Hochhäusler, das bislang zwei Kurz- und sechs Spielfilme umfasst. Er ist nicht nur Filmemacher sondern auch Mit-Herausgeber und Gründer der deutschen Filmzeitschrift Revolver

Am 6. April zeigt das Filmfestival Hochhäuslers exquisit fotografierten Film „Bis ans Ende der Nacht“. Darin geht es um die Beziehung des schwulen Robert und der trans Frau Leni. Er arbeitet für die Polizei und soll einen sympathischen Drogenboss fangen, ihr wurde für die Kooperation ein Erlass ihrer Strafe in Aussicht gestellt. 

Dafür sollen sie ein Paar spielen. Was das Verhältnis der beiden verkompliziert: Sie waren vor Lenis Geschlechtsangleichung wirklich ein Paar. Doch die hat Robert ihr nicht verziehen, und sie hat noch immer Gefühle für ihn. Und so kombiniert Hochhäusler einen Film Noir und eine Beziehungsgeschichte geschickt miteinander.

Auch für diesen Film gibt es einen Diagonale „Nachspann“: Regisseur Christoph Hochhäusler spricht mit Filmredakteur Andreas Busche vom Berliner Tagesspiegel über Neo-Noir, Genrekino und Politiken des Arbeitens mit und über Film.  

Bis ans Ende der Nacht

06.04., 17:30, Schubertkino 1 (ausverkauft)

Mädchen in Uniform: Der dreifache Klassiker

Außerdem geht die Diagonale dieses Jahr dem Film „Mädchen in Uniform“ auf den Grund – einem Klassiker des lesbischen Kinos zu einer Zeit, als weibliche Homosexualität ein verbotenes Tabuthema war. Die Diagonale widmet sich drei Versionen dieses Films und bietet die Möglichkeit, diese auf der großen Kinoleinwand zu sehen und miteinander vergleichen zu können.

Die Geschichte eines Waisenmädchens, das in einer rigide geführten Erziehungsanstalt romantische Gefühle für eine junge Erzieherin entwickelt, wurde das erste Mal 1931 verfilmt – mit der offen lesbischen Christa Winsloe als Autorin und Leontine Sagan als Regisseurin waren zwei Frauen für den Film verantwortlich, was damals mehr als ungewöhnlich war.

Im Jahr 1934 wurde der Film von den Nazis verboten – doch der Stoff wurde nicht vergessen. Das zweite Mal wurde der Buch von Alfredo B. Crevenna im Jahr 1951 in Mexiko verfilmt. „Muchachas de uniforme“ ist heute ein beinahe vergessener Exilfilm deutscher Emigranten in Mexiko. Das bekannteste Remake dieses Stoffes entstand wohl 1958 unter der Regier von Géza von Radványi mit der jungen Romy Schneider in einer der Hauptrollen.

Mädchen in Uniform

Mädchen in Uniform (Leontine Sagan, DE 1931): 06.04., 11:00, Rechbauer (ausverkauft)
Muchachas de uniforma (Alfredo B. Crevenna, MX 1951): 07.04., 11:00, Rechbauer
Mädchen in Uniform: Géza von Radványi (BRD/FR 1948): 08.04., 14:3ß, Schubertkino 1

Frivoles von damals für das queere Heute: „Saturn Return“

In einem weiteren Schwerpunkt widmet sich die Diagonale der österreichischen Filmgesellschaft Saturn. Diese produzierte von 1906 bis 1911 erotische Stummfilmfantasien. Nun hat Daniela Zahlner queere Neuinterpretationen zehn dieser Filme produziert.

Die in „Saturn Return“ versammelten Episoden tragen Titel wie „Diana im Bade“, „Der Hausarzt“ oder „Erotik des Schuhwerks“ und stecken voller Vergnügungen und Schabernack. Und während  sich in den Saturn-Filmen Frauen für Männer entblößten, wird die Nacktheit bei Zahlner zum Angebot an alle Performer:innen. 

Saturn Return

06.04., 14:00, Schubertkino 2 (ausverkauft)
08.04., 17:00, Schubertkino 2

Queere Highlights auch im Kurzfilmprogramm

Und auch im Kurzprogramm der Diagonale gibt es jede Menge queerer Highlights – wie etwa den Film „Die Räuberinnen“ von Isa Schieche: Drei trans Frauen planen einen Raubüberfall, wofür sie sich als Männer tarnen müssen – was aber alles andere als einfach ist.

„Im Traum sind alle Quallen feucht“ von Marie Luise Lehner handelt von einem Saunabesuch. Lehner geht dabei der Frage nach, was passiert, wenn sich Menschen in dieser Situation ihren Sehnsüchten stellen. So wird der Film zu einer Hommage auf queere Körper und Identitäten.

Zu sehen ist auch „After Work“ von Jan Soldat, der schon auf der Viennale zu sehen war. In dem fünf Minuten dauernden Werk geht es um Holger, der – im Bademantel – Lutz zu einer schnellen Nummer erwartet. Doch so richtig Stimmung kommt nicht auf – wie wird dieses Date zum Höhepunkt kommen?

In „An Art Historian’s Recipe“ geht es um dem 2019 verstorbenen Kunsthistoriker und Aids-Aktivisten Douglas Crimp. Die in Teheran geborene Filmemacherin Tara Najd Ahmadi zeigt Crimp beim Kochen, begleitet von Auszügen aus seinen Memoiren.

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