Ist es ein Zeichen der Toleranz oder schlaues Marketing? Seit einigen Tagen diskutiert die deutsche Rap-Szene über das neue Album-Cover von Bass Sultan Hengzt (BSH), der bürgerlich Fabian Cataldi heißt: Es zeigt zwei Männer, die sich küssen. Viele Fans wenden sich angeekelt von dem Berliner Künstler ab, Politiker loben ihn – doch bis jetzt waren seine Texte gegenüber Schwulen nicht gerade tolerant.
Von der Szene beschimpft, von Politikern gelobt
„Musik wegen Weibaz“ heißt das Album von BSH – und es zeigt zwei junge Männer, kurz vor einem leidenschaftlichen Kuss. Ein Bild, das harmlos scheint, und die Bruchlinien der Homophobie im deutschen Sprechgesang deutlich macht.
„Was [ist] da los, von Berliner Schnauze zu schwulen Supporter oder was. Schäm dich. TMR-Member supportet Schwuchtel. Ekelhaft!“, meint zum Beispiel ein Fan. Ein anderer schreibt, man solle „Schwule in den Medien verbieten“, denn „in meiner Gegend wird diese Szene vertrieben“ – dazu der Hashtag #nohomo. Ein Fan will seine BSH-Alben verbrennen, die Worte „Schwuchtel“ und „Verrat“ fallen immer wieder.
Auf der anderen Seite zollt das Standardwerk des deutschen Sprechgesangs, das Magazin „rap.de“ Bass Sultan Hengzt – ebenfalls über Twitter – „Respekt für diese Aktion“, und auch Menschen, die mit der Musik von BSH bis jetzt offenbar nichts anfangen konnten, kündigen an, sich das Album wegen dem mutigen Cover kaufen zu wollen. Auch die Politik – unter anderem der offen schwule Bundestagsabgeordnete Volker Beck – erklären sich mit dem Rapper solidarisch.
„Das es so krass wird, hätte ich nicht gedacht“
Doch wie reagiert BSH selbst? „Ich dachte schon, dass sich der ein oder andere aufregt. Aber das es jetzt so krass wird, hätte ich nicht gedacht. Von ‚Du bist schwul geworden‘ über ‚Ich kaufe nie wieder eine CD von dir‘ bis zu Morddrohungen war alles dabei“, gibt er in einem Interview mit „Spiegel Online“ zu Protokoll.
Doch die Provokationen scheinen Bass Sultan Hengzt zu gefallen. Auf Twitter postet der das Cover noch einmal – und schreibt dazu „Schon über 100 Likes auf Facebook verloren. #Läuft #PremiumCover“. Also doch nur Provokation? Und sind die neuen Freunde und Feinde nur auf eine geniale PR-Aktion hereingefallen, einen inszenierten Tabubruch?
Das streitet BSH zumindest nicht ganz ab. „Ich wollte gezielt Leute damit ärgern. Ich dachte aber nicht, dass ich mit so einem Cover meine Album-Promo beginne. Das war nicht beabsichtigt. Leute, die mich jetzt feiern und behaupten, der ganze Rap ist homophob, sollen mich allerdings genauso in Ruhe lassen. Aber wenn jetzt so krass gehasst wird, dann denke ich: Jetzt erst recht.“, erzählt er „Spiegel Online“.
Homophobe Texte von früher „mit einem Augenzwinkern zu sehen“
Sieht man sich die Texte an, die Bass Sultan Hengzt bis jetzt von sich gegeben hat, fällt es nicht ganz leicht, an eine Wandlung vom Saulus zum Paulus zu glauben. Groß geworden ist er gemeinsam mit Bushido und King Orgasmus One als „Berlins Most Wanted“ (BMW).
Und da waren homophobe Beleidigungen an der Tagesordnung. „Hast einen Schwanz in der Hand aber keine Eier im Sack“, beleidigt Bass Sultan Hengzt einen Kollegen in seinem Song „Clownrapper“. An einer anderen Stelle heißt es: „Für ganz Berlin bist du Schwuchtel zu feminin“.
Heute schwächt er solche Texte ab: „Das ist ein Rap-Ding, was häufig nicht verstanden wird. Vieles ist bei mir mit einem Augenzwinkern zu sehen. Als Jugendlicher fand ich es lustig, irgendwelche Mütter zu beleidigen. Es war aber nie schwulenfeindlich gemeint, sondern ein Stilmittel, um sich beim Rappen gegenseitig fertig zu machen. Es ist nicht so, dass ich früher homophob war und heute nicht mehr.“, erklärt BSH.
Mittlerweile habe er aber eine Entwicklung durchgemacht, so Bass Sultan Hengzt im „Spiegel“: „Vor fünf Jahren habe ich eine Tochter bekommen, und da hat es boom gemacht. Seitdem achte ich mehr darauf, was ich sage. Ich will jetzt einfach weiter Musik machen machen und gleichzeitig ein guter Papa sein.“ Er sei jetzt erwachsen, beteutert BSH heute.
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