Freitag, 26. April 2024
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Nur etwa hundert Demonstranten gegen Drag-Queen-Lesung in Wien

Wohl anders als von den Organisator:innen beabsichtigt endete am Sonntagvormittag der Protest gegen eine Drag-Queen-Lesung für Kinder: Einem kleinen Häufchen verirrter Demonstrant:innen stand die Community lautstark entgegen. Die Lesung fand wie geplant statt.

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Die Polizei war auf das Schlimmste gefasst: Ab sieben Uhr wurde die Linke Wienzeile gesperrt, Schutzgitter und ein großes Polizeiaufgebot sollten die Gruppen voneinander trennen. Doch Schätzungen zufolge waren es nur knapp hundert Menschen, die gegen die Drag-Queen-Lesung für Kinder in der Türkis Rosa Lila Villa demonstrierten, darunter auch Martin Selber, Chef der rechtsextremen Identitäten, und der durch Corona-Demonstrationen bekannt gewordene Martin Rutter.

Radetzymarsch und Lederhosen gegen Drag Queens

Sie protestierten, teils in Lederhosen, unter anderem zu den Klängen des Radetzkymarsches gegen die Lesung. Unter den weiteren Teilnehmer:innen waren auch Vertreter der FPÖ und Personen aus dem Hooligan-Umfeld. Auch christliche Fundamentalisten waren bei der Veranstaltung. Auf Bannern war zu lesen „Kinder schützen ist kein Verbrechen“ oder „Keine Genderindoktrination mit meinen Steuern“.

Auf der Gegenseite, getrennt von einem großen Polizeiaufgebot und Sperrgittern: Mehr als fünfmal soviel Menschen, die unter dem Motto „Drag is not a Crime“ ihre Solidarität zeigten, Regenbogenfahnen schwenkten und positive Stimmung verbreiteten – darunter auch Song-Contest-Gewinnerin Conchita Wurst, die live „Rise like a Phoenix“ performte.

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Die queere Gegendemonstration wurde zu einem bunten Straßenfest

In Sozialen Medien wurden Videos gepostet, auf denen zu hören war, wie aus der Sound-Anlage der Gegendemonstration Klassiker wie „We are Family“, „Y.M.C.A.“ von den Village People oder Queen zu hören waren – und die Gegendemonstration akustisch deutlich lauter war als der Protest gegen die Lesung.

In der Villa fand unterdessen die Kinderbuchlesung statt, die aus Sicherheitsgründen in den ersten Stock des Gebäudes verlegt wurde. Drag Queen Freya van Kant inszenierte im roten Glitzertüllkleid eine Märchengeschichte, klassisches Erlebniskindertheater sowie eine Tanzeinheit und Fechtrunde mit Schwimmnudeln. 

In der Villa waren die Kinder von der Lesung begeistert

Was besonders war: Dass in der Geschichte, die vorgelesen wurde, die Prinzessin den vom Drachen verschleppten Prinzen retten musste. „Hier wird nicht über Sex gesprochen. Hier geht es um Lieblingsfarben, um Lieblingskleidung und darüber, was es bedeutet, einzigartig zu sein“, so Organisator Stephane Magloire zur Austria Presse Agentur (APA).

Den Kindern gefiel die Veranstaltung, zu der insgesamt etwa 40 Personen gekommen waren. Für die Eltern war es Ehrensache, in die Türkis Rosa Lila Villa zu kommen – auch wenn es nicht leicht war. „Wir haben mit Begleitung herkommen müssen und einer Dreijährigen zu erklären, warum man da jetzt angeschrien wird, ist natürlich unangenehm“, sagte eine Mutter dem ORF Wien . „Es kann nicht die Konsequenz sein, dass die Einschüchterung funktioniert“, so eine andere Mutter zur APA.

Eine Meinung, die auch Freya van Kant teilt. Nach den Drohungen habe sie kurz überlegt, die Veranstaltung abzusagen. Doch dann sei ihr klar geworden, dass es um etwas Wichtiges gehe. „Die Angstmachertaktik hat nicht gefruchtet“, so die Drag Queen. Ihre Bilanz nach der Lesung war klar: „Am heutigen Tag hat die Wiener Gesellschaft gezeigt, wie tolerant und bunt sie ist.“

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