Freitag, 26. April 2024
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Schwuler Arzt aus dem Iran von der Botschaft geoutet? Gericht hat entschieden

Jener Arzt aus dem Iran, der dem österreichischen Außenministerium vorwirft, ihn in seiner Heimat gegen seinen Willen als schwul geoutet zu haben, ist vor Gericht gescheitert. Das Wiener Landesgericht für Zivilrechtssachen sah keinen konkreten Beleg für die Vorwürfe des schwulen Iraners.

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Es war im Jahr 2021, als ein aus dem Iran stammender Arzt, der jetzt in Niederösterreich lebt, seinen Mann, einen IT-Unternehmer, geheiratet hat. Ein Jahr später sollte seine Familie aus der Heimat einreisen, um das Ereignis zu feiern. Doch damit begann für den Arzt ein Alptraum.

Der Dienstleister für das Außenministerium wollte es ganz genau wissen

Denn als die Familie im Mai 2022 das Visum für die Einreise nach Österreich beantragen wollten, mussten sie beim für die Visavergabe zuständigen Dienstleister, der Firma Visa Facilitation Service (VFS) Global, den Grund für die Reise angeben – und nach langen zähen Nachfragen bestätigen, dass ihr Verwandter mit einem Mann verheiratet ist. Die Firma agiert im Iran nach nationalem Recht, die Angestellten sind überwiegend Iraner.

So soll auch die iranische Geheimpolizei erfahren haben, dass der Arzt schwul ist, ist sich dieser sicher – auch, wenn das Außenministerium das bis heute bestreitet. Es wurden „eine Unrechtmäßigkeiten bzw. keine Verletzung der Verschwiegenheitspflicht seitens unserer Mitarbeiter:innen oder des externen Dienstleisters“ festgestellt, betonte das Ministerium in seinen Stellungnahmen.

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Der Arzt klagte nach dem Amtshaftungsgesetz um 275.000 Euro

Das sah der Arzt anders und brachte im August beim Wiener Landesgericht für Zivilrechtssachen eine Schadenersatzklage nach dem Amtshaftungsgesetz ein. Streitwert der Klage waren 275.000 Euro. „Uns geht es insofern nicht ums Geld, als der Schaden, der dadurch angerichtet wurde, sich nicht mehr gutmachen lässt“, erklärte der Ehemann damals der Austria Presse Agentur (APA).

In der Klage des schwulen Iraners heißt es, dass die VFS-Mitarbeiter den Vater und die Schwester des Arztes regelrecht verhört und dazu gebracht hätten, die Ehe des Arztes mit einem Mann zu bestätigen. Wie der Standard  berichtet, erklärte der Mann im Oktober vor Gericht, dass er unter anderem beim letzten Termin zur Verlängerung seines Reisepasses „mehrfach zu seinem Ehestatus“ befragt worden sei.

Die Republik beantragte eine Abweisung der Klage – das Gericht folgte ihr

Die Finanzprokuratur als Rechtsvertretung der Republik beantragt eine Abweisung der Klage aus formalen Gründen – und, weil „kein einziger Hinweis“ vorgelegt worden sei, dass die iranischen Behörden tatsächlich wussten, dass de Arzt schwul sei, so die Finanzprokuratur.

Dieser Rechtsansicht schloss sich nun das Landesgericht für Zivilrechtssachen in Wien an, wie Mannschaft  nun berichtet. Es wies die Klage ab, weil die Vorwürfe des schwulen Iraners nicht konkret belegt werden könnten. Die Prozesskosten müsste nun der Iraner bezahlen, das Urteil ist nicht rechtskräftig. Im Vorfeld hatte der Arzt allerdings angekündigt, bei einer Abweisung den Instanzenweg anzutreten.

Für die Volksanwaltschaft war der Fall schon vor einem Jahr ein „Missstand“ in der Botschaft in Teheran

Ein Fall, der für Kopfschütteln sorgt – hatte doch die Volksanwaltschaft im September 2022 das Außenministerium in dieser Sache gerügt. Sie sehe „einen Missstand in der Verwaltung der Österreichischen Botschaft Teheran“, weil die Angehörigen ihr Visum nicht direkt bei der Botschaft beantragen konnten.

Das ließe „nicht auf die im vorliegenden Fall gewünschte und angebrachte Sensibilität bzw. Landeskunde schließen, zumal die Ausübung von Homosexualität im Iran noch immer mit der Todesstrafe geahndet wird“, so die Volksanwaltschaft in einem Bericht.

Der Kläger kann nicht mehr zurück in seine Heimat

Für den Kläger ist die Entscheidung des Landesgerichts für Zivilrechtssachen eine bittere Enttäuschung. Sollte er nun in den Iran einreisen, drohen ihm Verhaftung, bis hin zur Todesstrafe. Auch seinen iranischen Reisepass, an den sein Aufenthaltsrecht derzeit geknüpft ist, konnte er nicht verlängern.

LGBTI-Organisationen fordern deshalb, dass entsprechende Formalitäten in diesen Fällen direkt von der österreichischen Botschaft abgewickelt werden, und nicht durch einen externen Dienstleister. So könnte die notwendige Diskretion gesichert werden. Doch das Außenministerium sieht dafür nach wie vor keine Notwendigkeit.

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