Freitag, 26. April 2024
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30.000 gegen Orbán: Budapest Pride als deutliches Zeichen für die Community

Noch nie sind so viele Menschen für die Rechte sexueller Minderheiten durch die ungarische Hauptstadt gezogen

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Ein voller Erfolg und ein deutliches Zeichen gegen den LGBTI-feindlichen Kurs von Ministerpräsident Viktor Orbán war die 25. Budapest Pride: Mehr als 30.000 Menschen – so viele wie nie zuvor – nahmen am Samstag an dem Marsch durch das Herz der ungarischen Hauptstadt teil – auch, um gegen das umstrittene „Anti-LGBTI-Gesetz“ zu protestieren. 

Das „Anti-LGBTI-Gesetz“ hat viele Orbán-Gegner mobilisiert

Im Juni hat das Parlament mit den Stimmen der Regierungsparteien und der rechtsextremen Jobbik-Partei ein Gesetz verabschiedet, das ähnlich dem russischen Gesetz gegen “Homo-Propaganda” den Zugang von Informationen über nicht-heterosexuelle Lebensformen für Kinder verbietet – sei es im Schulunterricht oder über Publikationen. 

“Viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer, darunter auch ich, hatten Angst, dass die Hass-Kampagnen der Regierung funktionieren und so haben sich mehr Gegendemonstranten als je zuvor zusammenfinden”, erklärt Daniel Waliduda, Redakteur der LGBTQ-Magazins Humen, gegenüber GGG.at: “Aber dann ist das Gegenteil passiert. Auch, wenn wir mitten im Sommer sind, haben 30.000 Menschen an der Pride-Parade teilgenommen. Darunter auch viele Verbündete, wie Familien mit Kindern oder ältere Leute.” 

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Die Organisator:innen riefen die Teilnehmer:innen dazu auf, gegen Hass und die Versuche von „machthungrigen Politikern“, Menschen der LGBTQ-Community einzuschüchtern, aufzustehen. Der Marsch solle mithelfen, auf die in der Gesellschaft vorhandene Beklemmung und Apathie zu reagieren. Unter den Teilnehmenden waren auch Vertreter:innen der Oppositionsparteien. 

Zum ersten Mal hat der Budapester Bürgermeister bei einer Parade gesprochen

Einer von ihnen war der Budapester Bürgermeister Gergely Karácsony von der linksliberalen Partei Párbeszéd. Er begrüßte die Teilnehmer:innen mit den Worten “Guten Abend Pride – Guten Abend Liebe” und begründete seine Teilnahme damit, dass es als Bürgermeister seine Pflicht sei, Menschen zu verteidigen, die “in dieser Stadt, in dieser Heimat angegriffen werden”. 

Karácsony, der als Hoffnung der Opposition gilt, griff die Regierung für ihre Politik an und sagte: “Ungarn soll erneut ein stolzes und freies Ungarn sein.“ Es war das erste Mal, dass ein Budapester Bürgermeister bei der Abschlusskundgebung der Parade gesprochen hat. “Etwas, worauf die Community seit fast 30 Jahren gewartet hat”, so Waliduda. 

Organisator Máté Hegedüs kritisierte in seiner Rede die Politik Orbáns, die sich eher mit echtem Kinderschutz und sexueller Aufklärung befassen solle, anstatt beide Themen zu vermischen. „Wir sind eine tatenbereite Gemeinschaft, die nicht zulässt, dass die Regierung Hass schürt“, so Hegedüs. 

Unterstützung kam auch von Aktivist:innen aus Österreich

Unterstützung bekamen die Organisator:innen der Budapest Pride von vierzig ausländischen kulturellen Institutionen und Botschaften in Ungarn. In einer gemeinsamen Stellungnahme betonten sie noch einmal ihre Unterstützung. “Wir unterstützen in jedem Land Schritte, die die Gleichheit und Würde aller Menschen unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung und Geschlechtsidentität sichern”, heißt es in dem Statement, das unter anderem von den Botschaften der USA, Großbritanniens und Deutschlands unterschrieben wurde. 

Aus Österreich kamen nicht nur zahlreiche Besucher:innen nach Budapest, sondern auch eine 30-köpfige Delegation der sozialdemokratischen LGBTI-Initiative SoHo. “Unsere volle Solidarität gilt der ungarischen LGBTIQ-Community und der Pride-Demonstration, die heute in Budapest stattfindet!”, so SoHo-Bundesvorsitzender Mario Lindner und die Präsidentin des europäischen LGBTIQ-Verbandes Rainbow Rose, die Österreicherin Camila Garfias. 

Keine Zwischenfälle und nur ein paar hundert Gegendemonstranten

Die Parade wurde von einem hohen Polizeiaufgebot geschützt uns verlief ohne nennenswerte Zwischenfälle. Zu sehr war die ungarische Regierung darauf bedacht, ihren Gegnern keine zusätzlichen Argumente zu liefern. Ein Häufchen Gegendemonstranten, das die Parade stören wollte, scheiterte an den Sicherheitskräften, das die Rechtsradikalen auf Abstand hielt. 

Die Europäische Kommission hatte vergangene Woche wegen des “Anti-LGBTI-Gesetzes“ ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Ungarn eingeleitet. Europa werde es niemals zulassen, dass „Teile unserer Gesellschaft diskriminiert werden“, so EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen. Orban hat vor Kurzem ein Referendum angekündigt, bei dem die Ungarn über den Inhalt dieses Gesetzes abstimmen sollen. 

Außerdem hat der Regierungschef am Freitag eine Verordnung erlassen, in der dem ungarischen Staat verboten wird, EU-Corona-Hilfen anzunehmen, falls Brüssel deren Bewilligung von der Abschaffung des als LGBT-feindlich geltenden Gesetzes abhängig macht. Dem Land könnten dadurch 7,2 Milliarden Euro aus dem EU-Aufbaufonds entgehen. 

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