Samstag, 27. April 2024
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CSD-Rekord in Deutschland – mit einigen Schattenseiten

Noch nie gab es in Deutschland so viele Pride-Veranstaltungen, noch nie nahmen so viele Menschen daran teil. Doch die andere Seite der Medaille zeigt: Es gab auch noch nie so viel Hassgewalt gegen sexuelle Minderheiten.

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Rund vier Millionen Menschen werden bis zum Ende des Jahres in Deutschland bei insgesamt mehr als 140 Christopher Street Days (CSD) mobilisiert worden sein. Die großen CSDs finden dabei traditionell im Juli und August statt, meist kleinere folgen im September, einige sogar im Oktober.

„Die höchste Zahl, die wir jemals erreicht haben“

„Das ist die höchste Zahl, die wir jemals erreicht haben“, so Kai Bölle, Vorstandsmitglied des Dachverbandes CSD Deutschland, der 76 Mitgliedsorganisationen zählt, gegenüber der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Davon sind rund drei Viertel Zuschauer:innen, gut eine Million Menschen wird aktiv teilgenommen haben.

Gab es vor zwanzig Jahren nur etwa 30 CSDs in Deutschland, ist deren Zahl stetig gestiegen. Vor zehn Jahren waren es bereits etwa 50, heute haben Prides auch kleinere Städte und Orte erreicht – ein Trend, der sich auch in Österreich wiederfindet, etwa Unken in Salzburg oder das niederösterreichische Mistelbach.

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Mehr CSD-Paraden auf dem Land – und damit Sichtbarkeit in der Fläche

„Vor allem auf dem Land ist die Zahl der CSDs stark angestiegen. Die Präsenz und Sichtbarkeit in der Fläche ist von besonderer Bedeutung“, sagt auch CSD-Sprecher Bölle. In Bayern seien beispielsweise neben den etablierten Paraden in München und Nürnberg mehr als 25 weitere Prides ins Leben gerufen worden.

Zahlen aus Köln, Berlin, Hamburg oder München mit mehreren hunderttausend Teilnehmenden seien zwar beeindruckend und für die Präsenz in den Medien sehr wichtig – „doch die meisten CSDs bringen eben auf dem Land eher jeweils um die 2.500 Menschen auf die Straße“.

Auch der Kreis der teilnehmenden Gruppen wird größer

Und auch der Kreis der teilnehmenden Institutionen wird breiter. Stadtverwaltungen, Sportvereine, Feuerwehren, Rettungsdienste, zahlreiche Firmen oder die Polizei – sogar einzelne Kirchengemeinden reihen sich in die Demonstrierenden. 

Gerade die Teilnahme der Polizei bei vielen CSD-Paraden und Straßenfesten zeigt den gesellschaftlichen Wandel – hat die die LGBTI-Community doch vor einigen Jahrzehnten noch verfolgt. Das gefällt nicht jedem: Beim CSD Stuttgart, in Darmstadt oder jenem in Mainz haben linke Gruppen sogar teils gewaltsam gegen die Präsenz der Polizei beim jeweiligen CSD demonstriert.

Zunehmend offene Gewalt im Umfeld von CSDs

Allerdings verging dieses Jahr auch kaum ein CSD ohne Meldungen über Gewalt gegen Teilnehmende. „Wir registrieren zunehmend offene Gewalt auch direkt im Umfeld von CSDs oder im Zuge des Rahmenprogramms“, so Bölle. Das liegt auch an einer gestiegenen Sensibilität gegenüber derartigen Vorfällen.

So wurde etwa im August beim CSD-Straßenfest in Braunschweig ein 22-Jähriger von fünf Personen auf sein Erscheinungsbild angesprochen. Danach wurde er von ihnen geschlagen und getreten. Er musste vom Rettungsdienst vor Ort versorgt und ins Krankenhaus gebracht werden.

Innenministerin Faeser: Gewalt bei CSD „erschreckend“

Manchmal wird der Druck auch nicht durch körperliche Gewalt ausgeübt: Beim ersten CSD in Weißenfels, einer 39.000 Einwohner zählenden Stadt im Dreiländereck von Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen, kam es zu massiven Störaktionen rechtsextremer Gruppen.

Innenministerin Nancy Faeser von der SPD nannte die Zunahme an queerfeindlichen Straftaten in den vergangenen Jahren „erschreckend“. Woher die Täter der LGBTI-feindlichen Hassgewalt kommen, sorgt auch innerhalb der Community für hitzige Diskussionen.

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