Dienstag, 30. April 2024
HomePolitikEuropaQueere Bücher nicht versteckt: Hohe Geldstrafe für ungarischen Buchhändler

Queere Bücher nicht versteckt: Hohe Geldstrafe für ungarischen Buchhändler

Eine ungarische Regierungsbehörde hat am Donnerstag eine saftige Geldstrafe gegen die zweitgrößte ungarische Kette von Buchhandlungen verhängt. Grund: Eine britische Graphic Novel, die dort verkauft wurde, verstoße gegen ein umstrittenes Gesetz, das die Darstellung von Homosexualität für Minderjährige verbietet.

Meistgelesen

Neu auf GGG.at

Lira Konyv ist die zweitgrößte Buchhandelskette Ungarns. Sie wurde am Donnerstag zu einer Geldstrafe von 12 Millionen Forint, umgerechnet etwa 32.000 Euro, verurteilt, weil sie Minderjährigen Material über Homosexualität zugänglich gemacht haben soll.

Strafe, weil Jugendbuch für Jugendliche zugänglich war

Das bestätigte der Kreativ-Direktor des Buchvertriebs, Krisztian Nyary, der Deutschen Presse-Agentur (dpa) bestätigt. „Das ist die höchste Strafe, die je gegen ein Buchhandelsunternehmen in Ungarn verhängt wurde“, so Nyary.

Der Grund: Die Buchhandelskette hatte das Buch „Heartstopper“ der britischen Autorin Alice Oseman in ihrer Abteilung für Jugendliteratur frei zugänglich ausgestellt und es nicht in Plastik eingeschweißt, wie ein umstrittenes Gesetz zum Jugendschutz aus dem Jahr 2021 fordert. Die Liebesgeschichte zweier Teenager ist die Basis für die erfolgreiche Netflix-Serie.

- Werbung -

Amt der Budapester Stadtregierung hat geprüft

Verhängt wurde die Strafe vom Amt der Budapester Stadtregierung, die für die Einhaltung solcher Regeln zuständig ist. Das Amt teilte der staatlichen Nachrichtenagentur MTI mit, dass es eine Untersuchung wegen des Verkaufs des Titels und anderer Bücher mit homosexuellen Handlungen durchgeführt habe.

Diese Untersuchung habe ergeben, „dass die fraglichen Bücher Homosexualität darstellen, aber in die Kategorie der Kinder- und Jugendbücher eingeordnet wurden und nicht in einer geschlossenen Verpackung vertrieben wurden.“

Das Gesetz nach russischem Vorbild ist seit 2021 in Kraft

Die Geldstrafe stützt sich auf das umstrittene Jugendschutzgesetz aus dem Jahr 2021. Es verbietet – nach russischem Vorbild – die „Zurschaustellung und Förderung von Homosexualität bei Minderjährigen“, also die Darstellung von LGBTI-Inhalten in den Medien, einschließlich Fernsehen, Filmen, Werbung und Literatur, wenn Jugendliche unter 18 Jahren sie sehen könnten.

Es verbietet auch queere Inhalte im Unterricht oder die öffentliche Darstellung von Produkten, die ein vom Geburtsgeschlecht abweichendes Geschlecht abbilden oder fördern. Kritikern zufolge ist es ein Versuch der rechtsnationalen Regierung von Viktor Orbán, Angehörige sexueller Minderheiten weiter zu stigmatisieren.

Die Buchhandlung will gegen die Entscheidung berufen

Doch bei Lira Konyv will man nicht aufgeben. Man werde den Strafbescheid mit allen rechtlichen Mitteln bekämpfen, so Nyary. Bisher habe man keine Bücher mit queerer Thematik abgesondert verkauft und in Folie verpackt. „Wir hielten dieses Gesetz mit seinen allgemeinen Bestimmungen für nicht anwendbar“, so Nyary.

Es ist nicht das erste Mal, dass die Buchhandlungen für ihr LGBTI-freundliches Verhalten abgestraft wurden. Die Kette hatte bereits im Jahr 2021 eine Strafe in der Höhe von etwa 700 Euro zahlen müssen, weil ein LGBTI-freundliches Kinderbuch in einer Filiale der Kette nicht korrekt gekennzeichnet war. 

Für die EU ist das ungarische Gesetz eine „Schande“

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bezeichnete das Gesetz bereits als „Schande“. Es verstoße gegen „Werte, Grundsätze und Recht der EU“. Die EU-Kommission hat Ungarn deshalb vor dem Europäischen Gerichtshof verklagt – mit Unterstützung von 15 EU-Staaten, darunter auch Österreich.

Die Geldstrafe gegen Lira Konyv kommt nur wenige Tage vor der Budapest Pride, die jedes Jahr die Tausende von LGBTI-Personen und deren Unterstützer in die ungarische Hauptstadt lockt.

WordPress Cookie Plugin von Real Cookie Banner