Freitag, 26. April 2024
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Zehn Jahre nach dem Hitzlsperger-Outing: Nur 25 Spieler sind seinem Beispiel gefolgt

Heute vor zehn Jahren hat sich der ehemalige deutsche Nationalspieler Thomas Hitzlsperger öffentlich als schwul geoutet - nach dem Ende seiner aktiven Karriere. Einen aktiven schwulen oder bisexuellen Fußballprofi gibt es in Deutschland bis heute nicht.

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Es war eine kleine Sensation, die am 8. Jänner 2014 durch die Sportredaktionen fegte: Thomas Hitzlsperger, ehemals bei Bayern München, Aston Villa oder der deutschen Nationalmannschaft aktiv, hatte sich in einem Interview mit der Zeit öffentlich als schwul geoutet

Hitzlsperger wollte damals „die Diskussion voranbringen“

Er wollte mit seinem Schritt „die Diskussion über Homosexualität unter Profisportlern voranbringen“, so Hitzlsperger damals. Am Ende seiner Karriere habe er das Gefühl, dass „ein guter Moment“ für das öffentliche Coming Out gekommen sei. 

Seitdem hat sich viel getan – und auch wieder nicht. So sind Vereine, Öffentlichkeit und auch Fans sehr viel sensibler bei diesem Thema. In England und Frankreich laufen die Profis aller Vereine einmal pro Saison etwa als Zeichen der Solidarität mit Regenbogen-Trikots oder -Schnürsenkel ein.

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Streng religiöse Profis boykottieren immer wieder Solidaritätsaktionen der Ligen

Das sorgt auch regelmäßig für Kontroversen – weil streng religiöse Profis, unter anderem aus muslimischen Ländern, diese Geste immer wieder verweigern – wie etwa der damalige PSG-Star Idrissa Gueye aus dem Senegal, der sich 2021 und 2021 nicht an der Aktion beteiligte – aus „persönlichen Gründen“ und wegen „Magen-Darm-Problemen“.

Und das ist ein gutes Beispiel dafür, dass sich im Fußball noch nicht genug getan hat, um schwulen oder bisexuellen Profis ein sicheres Umfeld zu bieten. So wundert es nicht, dass es bis heute im deutschen Profifußball noch keinen einzigen Spieler gibt, der sich öffentlich geoutet hat.

Im europäischen Spitzenfußball gibt es genau einen offen schwulen Profi

Auch international sieht die Situation nicht viel besser aus: So gibt es nur einen offen schwulen Profi-Fußballer iim europäischen Spitzenfußball: Der Tscheche Jakub Jankto, derzeit beim italienischen Erstligisten Cagliari unter Vertrag, hatte sich im Februar 2023 in einem Video als schwul geoutet.

„Seit 2017 haben wir weltweit circa ein bis drei Coming-outs im Profifußball pro Jahr. Das ist eine deutliche Steigerung im Vergleich zu den vorherigen drei Jahrzehnten. Einer ist heutzutage das Vorbild für den nächsten“, sagte der offen schwule Ex-Jugendnationalspieler Marcus Urban in einem Interview mit dem Portal t-online .

25 geoutete Spieler in 150 Jahren Fußballgeschichte

Dazu gehören neben Jankto der Mittelfeldspieler Josh Cavallo, der in der australischen A-League spielt und sich 2021 geoutet hatte, und der englische Stürmer Jake Daniels, der in der Jugend für den FC Blackpool aufläuft. Allerdings: „In der gesamten Geschichte des Fußballs haben sich 25 Spieler als homosexuell geoutet. Das ist gemessen an den 150 Jahren, die dieser Sport existiert, natürlich lächerlich“, gibt er auch selbst zu. 

Wann sich das ändert, ist fraglich. Zuletzt hatte der offen schwule VfB-Vorstandschef Alexander Wehrle gemeint, dass es in den nächsten Jahren zu so einem Coming-out kommen würde – „vielleicht nicht von einer einzelnen Person, aber von einer Gruppe“. Eine Möglichkeit, von der zuletzt Urban gesprochen hat.

Seit Jahren wird in Deutschland ein Gruppen-Coming-out geplant

Gegenüber t-online meinte der 52-Jährige Ende Dezember, dass er gemeinsam mit Kollegen ein Gruppen-Coming-out im Profifußball organisieren möchte. „Daran arbeite ich bereits seit vielen Jahren. Wir gehen mit der nötigen Geduld, Lockerheit und mit Spaß an die Sache heran. Klar ist: Es wird passieren“, so Urban.

Es habe dafür schon mehrere Versuche gegeben, die allerdings immer gescheitert seien, weil sich die Spieler nicht einig waren oder Angst hatten. „Auch die Transferphase kann ein Faktor sein. Plötzlich möchte sich ein Profi nicht outen, weil er von seinem Verein verkauft werden will“, so der ehemalige Jugend-Nationalspieler.

Eine Erfahrung, die auch Jankto gemacht hat. Die Burschen haben einfach Angst vor dem Coming-out und fürchten sich vor den Reaktionen in der Öffentlichkeit“, sagte er Anfang des Jahres zu diesem Thema. Er hoffe aber, sie zu einem offenen Umgang mit ihrer sexuellen Orientierung bewegen zu können. Wie lange es noch dauern wird, ist hingegen unklar.

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